X. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.2009 - 31.03.2011
22.8 Aufruf im Wartezimmer
Ein Petent hatte sich schon länger mit der Frage des namentlichen Aufrufs in Warteräumen, z. B. bei Ärzten oder der Arbeitsgemeinschaft, beschäftigt. Andere Kunden, die den Petenten ggf. vom Sehen her kennen, könnten so nun auch den Namen erfahren. Dies erschien dem Petenten datenschutzrechtlich bedenklich. Für den Bereich der öffentlichen Stellen konnten die Bedenken im Wesentlichen bestätigt werden.
Grundsätzlich bedarf die Übermittlung von personenbezogenen Daten an Dritte einer Rechtsgrundlage (§ 4 Abs. 1 DSG-LSA). Das persönliche Erscheinen im Warteraum eines Amtes mit der Gefahr, durch Bekannte erkannt zu werden, geschieht durch eigene, zumeist freiwillige Veranlassung und erscheint sozialadäquat.
Die durch behördlichen Aufruf ergehende Mitteilung an Mithörende, aus der sich ergibt, dass Betroffene, namentlich benannt, beispielsweise mit einem Sozialleistungsträger in Verbindung stehen, kann eine entsprechende Übermittlung darstellen. Solange für derartige Übermittlungen keine spezifischen Rechtsvorschriften vorliegen, sind die Übermittlungsregelungen des DSG-LSA bzw. bei Sozialdaten die des SGB X anzuwenden. An der danach notwendigen Erforderlichkeit dürfte es jedoch zumeist mangeln. Der Aufruf ist in der Regel mit anderen Methoden (z. B. "Der Nächste bitte.", Verwendung von Wartemarken) ohne Nennung von Namen und damit des Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht möglich. Insbesondere im Sozialleistungsbereich begründet das Sozialgeheimnis die Pflicht des Leistungsträgers, das Sozialgeheimnis (§ 35 SGB I) zu wahren. Die öffentlichen Stellen sind grundsätzlich durch § 6 DSG-LSA bzw. § 78a SGB X verpflichtet, durch technisch-organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass nicht unbefugt personenbezogene Daten übermittelt werden. Ob die öffentliche Stelle eventuell von einer konkludenten Einwilligung ausgehen kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und erscheint eher fraglich. Die widerspruchslose Hinnahme von "herkömmlichen" Aufrufmethoden besagt nicht, dass der Betroffene dieses Verfahren konsentiert. Zudem bestünde in der Regel die Möglichkeit, die Betroffenen zu befragen. Namentliche Aufrufe sind daher grundsätzlich zu vermeiden.