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IV. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.1997 - 31.03.1999

1. Entwicklung des Datenschutzes

Die Entwicklung des Datenschutzes, richtiger der Schutz des Grundrechtes auf informationelle Selbstbestimmung und seine Sicherung mit Hilfe technischer und organisatorischer Maßnahmen, verlangt nach schnellerem und intensiverem Schutz für die betroffenen Bürger. Der Übergang zur Informationsgesellschaft, den wir alle teils mit Staunen, teils mit großem Unbehagen beobachten und vollziehen, bringt auch für dieses Gebiet ganz neue Herausforderungen. So ist es nicht verwunderlich, daß in einer 1998 von allen Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder veranlaßten Repräsentativbefragung mehr als 55 % der Befragten angegeben haben, der Datenschutz sei für sie eine ganz wichtige Größe, und nahezu zwei Drittel der Befragten haben sich dafür ausgesprochen, daß der Datenschutz künftig mehr Bedeutung bekommen muß. Ebenso aufschlußreich war aber auch, daß keine 20 % der Befragten genau sagen konnten, wie man dieses künftig erreichen soll und welchen Weg sie persönlich für die Durchsetzung ihres persönlichen Schutzes einschlagen würden.
Auch die hohe Politik und die Fachwelt haben diesen wichtigen Bereich im täglichen Leben einer demokratischen Gesellschaft erneut ins Blickfeld genommen. So wird in einer weltweit beachteten Erklärung der G 7-Staaten im Jahre 1998 der Datenschutz ebenso erwähnt wie in der Koalitionsvereinbarung der neuen Bundesregierung vom Oktober 1998. Der angesehene Deutsche Juristentag sprach sich auf seiner Tagung im September 1998 in seinen Beschlüssen dafür aus, die Datenschutzrechte der Bürger zu stärken, ihre Information und die Aufklärung über ihre Wahlmöglichkeiten auszuweiten und in einem zu modernisierenden Datenschutzrecht die Grundsätze der Datenvermeidung, den Schutz durch Technik und die Zweckbindung der Daten in den Mittelpunkt zu stellen. Ob dies so geschehen wird und dann auch noch rechtzeitig, darf bezweifelt werden.
Schon lange beklagen wir, daß die rechtlichen Absicherungen zum Schutz der Bürger nur halbherzig erfolgen und weit hinter den technischen Entwicklungen herlaufen. Seit Oktober 1998 ist die Bundesrepublik säumig bei der Umsetzung der Europäischen Datenschutzrichtlinie, und in der bundesdeutschen Gesetzgebung wird der Schutz des Bürgers gegenüber staatlichen Eingriffen eher verwässert und zurückgedrängt, wie sich bei den neu geschaffenen Abhörmöglichkeiten im privaten Wohnungsbereich und bei der Aufweichung des Sozialgeheimnisses für bereichsübergreifende Leistungsabgleiche gezeigt hat.

Immer schwieriger wird es, Bürgerinnen und Bürger vor Gefahren und Mißbräuchen beim Umgang mit der modernen Informations- und Kommunikationstechnik zu schützen. Dabei verwischen sich die gerade im deutschen Recht noch vorhandenen Unterschiede bei der Qualität des Schutzes im privaten (nicht-öffentlichen Lebensbereich) und dem im Grundsatz besser geschützten öffentlichen Bereich. Im privaten Bereich geht das Interesse der Anbieter eher dahin, dem Kunden möglichst schnell und ohne großen Aufwand etwas zu verkaufen. Da ist die Beschränkung bei der Sammlung personenbezogener Kundendaten und ihre Sicherung bei der Kommunikation eher hinderlich.
Die öffentlichen Stellen sind bemüht, ihr schlechtes Image als Dienstleistungsanbieter mit Hilfe der modernen Technik zu verbessern und gleichzeitig mit Hilfe der modernen elektronischen Datenverarbeitungsmöglichkeiten Aufgabenbewältigung und Personaleinsatz zu rationalisieren. Auch dabei ist der Datenschutz wegen der Zweckgebundenheit der Daten oft hinderlich. Und in der ungetrübten Euphorie beim Einsatz neuer Kommunikationswege (Internet/Intranet) werden die Schwachstellen bei der Datensicherheit mangels ausreichender Aus- und Fortbildung im öffentlichen Bereich nicht erkannt.
Ein bei der Rationalisierung in öffentlichen Stellen auch in Sachsen-Anhalt oft zu hörender Begriff ist "Outsourcing". Die Auslagerung bestimmter öffentlicher Aufgaben auf eine andere (öffentliche oder nicht-öffentliche) Stelle zur selbständigen Aufgabenerledigung ist für die Bürger besonders gefährlich, wenn die neue Stelle nicht mehr in der Form der Auftragsdatenverarbeitung tätig wird, sondern ihr die Verarbeitung der personenbezogenen Daten eigenverantwortlich übertragen wird. Dabei ist nicht die zulässige Übertragung öffentlicher Aufgaben auf private Dienstleister das Problem. Problematisch ist die unzureichende Absicherung des Datenschutzes durch vertragliche und technische Grenzen.

Mehr als bisher können bei einer so gewandelten rechtlichen und technischen Arbeitsweise die Kontrollen des Landesbeauftragten bei den öffentlichen Stellen nur noch punktuell Grenzen setzen. Schwerpunkte müssen deshalb künftig in der Beratung des Bürgers zur wachsamen Selbsthilfe einerseits und zur Anwendung sicherer Datenverarbeitungskonzepte bei den öffentlichen Stellen andererseits gesehen werden. Der Einsatz von Internet und E-Mail kann auch öffentlichen Stellen bei der Arbeitsbewältigung gute Dienste leisten. Dies setzt aber rechtlich wie tatsächlich einen gut durchdachten und sicher erlernten Umgang mit dieser Technik voraus. Daran fehlt es noch sehr.