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Entschließung der 65. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder am 27./28. März 2003 in Dresden

Elektronische Signatur im Finanzbereich

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder begrüßt, dass mit dem Signaturgesetz und der Anpassung von mehr als 3.000 Rechtsvorschriften in Deutschland die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen wurden, um die „qualifizierte elektronische Signatur“ der eigenhändigen Unterschrift gleichzustellen. Die administrativen und technischen Voraussetzungen sind inzwischen weitgehend vorhanden. Mehr als zwanzig freiwillig akkreditierte Zertifizierungsdiensteanbieter nach dem Signaturgesetz sind von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) zugelassen. Sowohl Chipkarten, die für die qualifizierte elektronische Signatur zugelassen sind, als auch die dafür erforderlichen Lesegeräte sind verfügbar.

Für die elektronische Kommunikation zwischen der Finanzverwaltung und den Bürgerinnen und Bürgern ist die „qualifizierte elektronische Signatur“ gesetzlich vorgeschrieben. Die Finanzverwaltung will eine Übergangsbestimmung in der Steuerdatenübermittlungsverordnung vom 28.1.2003 nutzen, nach der bis Ende 2005 eine lediglich fortgeschrittene, die so genannte „qualifizierte elektronische Signatur mit Einschränkungen„ eingesetzt werden kann. Aus folgenden Gründen lehnen die Datenschutzbeauftragten dieses Vorgehen

  • Die „qualifizierte elektronische Signatur mit Einschränkungen“ bietet im Gegensatz zur „qualifizierten elektronischen Signatur“ und der „qualifizierten elektronischen Signatur mit Anbieterakkreditierung“ keine umfassend nachgewiesene Sicherheit, vor allem aber keine langfristige Überprüfbarkeit. Die mit ihr unterzeichneten elektronischen Dokumente sind unerkannt manipulierbar. Die „qualifizierte elektronische Signatur mit Einschränkungen“ hat geringeren Beweiswert als die eigenhändige Unterschrift.
  • Die technische Infrastruktur, die die Finanzverwaltung für die „qualifizierte elektronische Signatur mit Einschränkungen“ vorgesehen hat, kann sie verwenden, um elektronische, fortgeschritten oder qualifiziert signierte Dokumente von Bürgerinnen und Bürgern und Steuerberaterinnen und Steuerberatern zu prüfen und selbst fortgeschrittene Signaturen zu erzeugen.

    Damit die Finanzverwaltung selbst qualifiziert signieren kann, reicht eine Ergänzung mit einem qualifizierten Zertifikat aus.
  • Für die elektronische Steuererklärung ELSTER sollen Zertifizierungsdienste im außereuropäischen Ausland zugelassen werden, für die weder eine freiwillige Akkreditierung noch eine Kontrolle durch deutsche Datenschutzbehörden möglich ist, anstatt Zertifizierungsdienste einzuschalten, die der Europäischen Datenschutzrichtlinie entsprechen. Damit sind erhebliche Gefahren verbunden, die vermeidbar sind.
  • Die elektronische Signatur soll auch zur Authentisierung der Steuerpflichtigen und Steuerberater gegenüber ELSTER genutzt werden, obwohl die Trennung der Schlüsselpaare für Signatur und Authentisierung unerlässlich und bereits Stand der Technik ist.

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder befürchten, dass bei Schaffung weiterer Signaturverfahren mit geringerer Sicherheit die Transparenz für die Anwenderinnen und Anwender verloren geht und der sichere und verlässliche elektronische Rechts- und Geschäftsverkehr in Frage gestellt werden könnte.

Abweichend vom Vorgehen der Finanzverwaltung hat sich die Bundesregierung sowohl im Rahmen der Initiative „Bund Online 2005“ als auch im so genannten Signaturbündnis für sichere Signaturverfahren eingesetzt. Das Verfahren ELSTER sollte genutzt werden, um sogleich qualifizierten und damit sicheren Signaturen zum Durchbruch zu verhelfen.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder der Bundesregierung,

  • dass die Finanzbehörden Steuerbescheide und sonstige Dokumente ausschließlich qualifiziert signiert versenden,

  • den Bürgerinnen und Bürgern eine sichere, zuverlässige, leicht einsetzbare und transparente Technologie zur Verfügung zu stellen,

  • unterschiedliche Ausstattungen für abgestufte Qualitäten und Anwendungsverfahren zu vermeiden,

  • die Anschaffung von Signaturerstellungseinheiten mit zugehörigen Zertifikaten und ggf. Signaturanwendungskomponenten für „qualifizierte elektronische Signaturen mit Anbieterakkreditierung“ staatlich zu fördern,

  • die vorhandenen Angebote der deutschen und sonstigen europäischen Anbieter vornehmlich heranzuziehen, um die qualifizierte elektronische Signatur und den Einsatz entsprechender Produkte zu fördern,

  • e-Government- und e-Commerce-Projekte zu fördern, die qualifizierte elektronische Signaturen unterhalb der Wurzelzertifizierungsinstanz der RegTP einsetzen und somit Multifunktionalität und Interoperabilität gewährleisten,

  • die Entwicklung von technischen Standards für die umfassende Einbindung der qualifizierten elektronischen Signatur zu fördern,

  • die Weiterentwicklung der entsprechenden Chipkartentechnik voranzutreiben.