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Landesbeauftragter für den Datenschutz
Sachsen-Anhalt

Tel.: 81803-0
Fax: 81803-33

Pressemitteilung vom 25. Juni 2004

Entwurf eines Rahmenbeschlusses der Europäischen Union zur Vorratsspeicherung aller Daten über die Nutzung der Telekommunikation und des Internets

Gegenwärtig berät eine Arbeitsgruppe des EU-Ministerrates über den Vorschlag, einen Rahmenbeschluss zu fassen, wonach alle Anbieter von Telekommunikations- und Internetdiensten zur pauschalen Speicherung sämtlicher Daten über Nutzende dieser Dienste für einen Zeitraum von mindestens einem Jahr verpflichtet werden können. Dies soll der Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung und der Terrorismusbekämpfung dienen.

Hierzu erklären die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder:

Der Bundesgesetzgeber hat erst vor kurzem bei der Verabschiedung des neuen Telekommunikationsgesetzes aus gutem Grund die Einführung einer Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung abgelehnt. Das grundgesetzlich garantierte Fernmeldegeheimnis lässt eine Speicherung von Daten über die Nutzung öffentlicher Telekommunikationsnetze (insbesondere auch des Internets) außer für betriebliche Zwecke nur zu, wenn ein konkreter Verdacht für eine Straftat von erheblicher Bedeutung besteht.

Zudem würde eine flächendeckende Vorratsspeicherung von Kommunikationsdaten auch die Grundrechte auf freie Meinungsäußerung und auf ungehinderte Unterrichtung aus allgemein zugänglichen Quellen verletzen. Jede Auswertung von Internetadressen kann etwas über die Interessen, Vorlieben und politischen Präferenzen der Nutzenden verraten. Diese Adressen müssten nach dem Vorschlag für einen Rahmenbeschluss auf Vorrat gespeichert werden.

Darüber hinaus bestehen erhebliche Zweifel, ob der vorgeschlagene Rahmenbeschluss mit Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Recht auf Achtung des Privatlebens und der Korrespondenz) vereinbar ist. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat betont, dass die Vertragsstaaten auch zur Bekämpfung des Terrorismus nicht jede Maßnahme beschließen dürfen, die sie für angemessen halten. Vielmehr muss es sich um Maßnahmen handeln, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Die flächendeckende anlassunabhängige Speicherung aller Daten über die Nutzung öffentlicher Kommunikationsnetze schießt dagegen weit über das für die Vorbeugung und Verfolgung von Straftaten erforderliche Maß hinaus.

Die Datenschutzbeauftragten fordern die Bundesregierung auf, den Entwurf eines Rahmenbeschlusses über die Vorratsspeicherung von Daten über die Nutzung von öffentlichen elektronischen Kommunikationsdiensten und -netzen abzulehnen