Menu
menu

VII. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.2003 - 31.03.2005

14.1.1 Gemeinderäte und Ausschüsse, Gemeinderatsmitglieder und Einwohner

Nach der GO LSA wählt jede Gemeinde einen Gemeinderat. In Städten wird dieser als Stadtrat bezeichnet. Zur Vereinfachung soll nachstehend nur von Gemeinderäten gesprochen werden. Der Gemeinderat ist im Rahmen der Gesetze für alle Angelegenheiten der Gemeinde zuständig, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist. Von seinen Aufgaben kann der Gemeinderat bestimmte Angelegenheiten auf beschließende bzw. beratende Ausschüsse übertragen. Beschließende Ausschüsse entscheiden abschließend über die übertragenen Angelegenheiten, beratende Ausschüsse bereiten im Gemeinderat zu treffende Entscheidungen vor und geben dem Gemeinderat gegenüber eine Beschlussempfehlung ab. Die Ausschüsse werden mit Mitgliedern des Gemeinderates im Verhältnis der Mitgliederzahl der einzelnen Fraktionen des Gemeinderates besetzt. Sie sind sozusagen eine verkleinerte Form des Gemeinderates. Bei beratenden Ausschüssen kommt noch die Besonderheit hinzu, dass zu den Ratsmitgliedern auch sachkundige Einwohner als Ausschussmitglieder berufen werden können.

Der Gemeinderat besteht aus den gewählten ehrenamtlichen Mitgliedern (Mandatsträgern) und dem Bürgermeister. Eine jeweils durch den Gemeinderat festzulegende Anzahl dieser ehrenamtlichen Mitglieder bilden die beschließenden bzw. beratenden Ausschüsse. Da demnach nicht jedes Gemeinderatsmitglied auch Mitglied in jedem Ausschuss ist, erhält es auch nicht alle Informationen aus allen Ausschüssen.

An einem Beispiel lässt sich der von Gesetzes wegen unterschiedliche Informationsstand von Gemeinderatsmitgliedern deutlich machen.

In einer Gemeinde sind A und B Mitglieder des Gemeinderates. Der Gemeinderat hat einen Hauptausschuss als beschließenden Ausschuss gebildet, der u.a. über die Einstellung von Schreibkräften abschließend entscheidet. A ist Mitglied des Hauptausschusses; B nicht.

Die Gemeinde will nun eine neue Schreibkraft einstellen und hat nach erfolgter Ausschreibung eine Vorauswahl unter den Bewerbern getroffen. Nunmehr soll der Hauptausschuss über die Einstellung entscheiden. Die Gemeinde legt dem Hauptausschuss die Bewerbungsunterlagen der drei geeignetsten Personen vor.

Weil A Mitglied des Hauptausschusses ist, werden ihm die Bewerbungsunterlagen (Lebenslauf, Bild, Zeugnisse, ...) zur Vorbereitung der Sitzung zugesandt.

Unabhängig davon, ob ein Mitglied des Gemeinderates auch Mitglied eines Ausschusses ist, darf nach der GO LSA jedes Gemeinderatsmitglied an den Sitzungen der Ausschüsse als Zuhörer teilnehmen.

B war als Zuhörer bei der Hauptausschusssitzung. Als Zuhörer hat er jedoch nur die Diskussion und die Abstimmung zur Kenntnis nehmen können. Die Bewerbungsunterlagen hat er nicht zur Kenntnis bekommen. In den Ausschusssitzungen werden nur die erforderlichen Aspekte angesprochen, welche dann Eingang in das Protokoll der Sitzung finden.

Diese unterschiedlichen Informationsstände der Gemeinderatsmitglieder müssen sich auch in einem Ratsinformationssystem widerspiegeln.

Diese Differenzierung im Informationszugang folgt aus der Entscheidung des jeweiligen Gemeinderats, Teile seiner Befugnisse auf einen beschließenden Ausschuss zu übertragen. Solange er diese nicht zurückholt, wird die interne Kontrolle der Entscheidungen des Ausschusses in gleicher Weise - wie im Gemeinderat selbst - durch die sich im Ausschuss widerspiegelnden Fraktionen gewährleistet.

Neben den Gemeinderatsmitgliedern haben auch die Einwohner der Gemeinde verschiedene Informationsrechte aus der GO LSA. Zunächst sind Zeit, Ort und Tagesordnung der Sitzungen des Gemeinderates und der Ausschüsse rechtzeitig ortsüblich bekannt zu geben. Zudem ist den Einwohnern Einsichtnahme in die Niederschriften über die öffentlichen Sitzungen des Gemeinderates und der Ausschüsse zu gewähren. Die Einsichtnahme ist nur in die Niederschriften der öffentlichen Sitzungen zu gewähren, weil den Einwohnern bereits die Teilnahme an nicht-öffentlichen Sitzungen verwehrt ist. Ein Ausschluss der Öffentlichkeit - und damit der Einwohner - ist immer dann vorzunehmen, wenn das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner, insbesondere bei Personalangelegenheiten, Grundstücksangelegenheiten u.s.w. dies erfordern.

Die Einwohner durften an der Sitzung des Hauptausschusses nicht teilnehmen, weil die Öffentlichkeit wegen der Beratung einer Personalangelegenheit auszuschließen war.

Es bleibt festzustellen, dass beim Umfang mit Informationen, die der jeweilige Nutzer aus einem Ratsinformationssystem ziehen darf, nach Einwohnern und Gemeinderatsmitgliedern zu unterscheiden ist. Aber auch bei den Gemeinderatsmitgliedern ist nach ihren jeweiligen Aufgaben zu differenzieren, welche Informationen ihnen zugänglich gemacht werden dürfen.

Der gesetzlich garantierte Informationsumfang der einzelnen Personen lässt sich anhand der nachfolgenden Übersicht nachvollziehen

Zeit, Ort und
Tagesordnung

Niederschrift

Tagungsunterlagen

öffentlicher Teil

nicht-öffentl. Teil

Rat

Auss.

Rat

Auss.

Rat

Auss.

Rat

Auss.

Einwohner

X

X

X

X

--

--

--

--

Mandatsträger im Rat

X

X

X

X

X

X

X

--

Mandatsträger als Mitglied in einem Ausschuss

X

X

X

X

X

X

X

X

sachkundiger Einwohner*

X

X

X

--

X

--

X

*(nur in beratenden Ausschüssen)

Wenn sich eine Gemeinde entschließt, ein Ratsinformationssystem zur Verfügung zu stellen, muss sie auch absichern, dass jeder Nutzer entsprechend seiner Rolle als Einwohner, Gemeinderatsmitglied oder Ausschussmitglied Zugang nur zu den ihm nach der GO LSA zustehenden Informationen erlangen kann. Die vorstehenden Ausführungen gelten auf Ebene der Landkreise für die Kreistagsmitglieder und die Einwohner des Landkreises entsprechend.

Seine Auffassung zum Zugang der verschiedenen Personen zu Informationen aus Ratsinformationssystemen hat der Landesbeauftragte dem Ministerium des Innern als oberster Kommunalaufsichtsbehörde schriftlich mitgeteilt. Das Ministerium teilt die Auffassung des Landesbeauftragten und beabsichtigt, den Gemeinden des Landes Hinweise zur datenschutzgerechten Gestaltung von Ratsinformationssystemen zu geben.