VII. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.2003 - 31.03.2005
20.1 Arbeitslosengeld II
Die Umsetzung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt („Hartz IV”) führte insbesondere für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) in der zweiten Hälfte des Jahres 2004 zu öffentlichen Diskussionen. Auch in datenschutzrechtlicher Hinsicht bedurfte das Verfahren der Beratung der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder.
Die Begleitung der Datenerhebung und -verarbeitung durch die Bundesagentur für Arbeit und die Agenturen für Arbeit oblag, zumindest soweit noch keine Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II gegründet waren, dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz. Betroffen waren vornehmlich die bisherigen Empfänger von Arbeitslosengeld bzw. -hilfe. Im Zuständigkeitsbereich der Landesbeauftragten für den Datenschutz sahen die Übergangsvorschriften der §§ 65 ff. SGB II vor, dass die kommunalen Träger, die noch keine Arbeitsgemeinschaft eingerichtet und noch keine Aufgaben an die Arbeitsgemeinschaft übertragen hatten, zunächst für die Personen tätig werden, die im Jahr 2004 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz erhielten. Damit waren die kommunalen Träger verantwortliche Stellen, denen die Beachtung der datenschutzrechtlichen Vorschriften oblag.
Gemäß den Vorgaben des § 44b SGB II haben die meisten Leistungsträger (Arbeitsagenturen und kommunale Träger) Arbeitsgemeinschaften gebildet. Infolge der kommunalen Beteiligung und in Anlehnung an die Zuständigkeits- und Aufsichtsregelung des § 44b Abs. 3 SGB II ist nunmehr die Kontrolle durch den Landesbeauftragten absehbar. Nach § 6a SGB II zugelassene kommunale Träger unterliegen jedenfalls der Kontrolle durch den Landesbeauftragten.
Im Juli 2004 wurde von der Bundesagentur ein Fragebogen für die Beantragung von Arbeitslosengeld II herausgegeben, der auch vielfach von kommunalen Trägern verwendet worden ist. Der massive Umfang der im Fragebogen und den Zusatzerklärungen vorgesehenen Datenerhebung führte häufig zum Empfinden bei den Betroffenen, sich unangemessen offenbaren zu müssen. Aber auch wenn die Antragsteller einer Mitwirkungspflicht unterliegen (§ 60 SGB I) und es sich um ein Massenverfahren handelt, haben die verantwortlichen Stellen den Umfang der Datenerhebung auf das zu begrenzen, was für die Aufgabenerfüllung unerlässlich ist. Demgemäß hat der Landesbeauftragte regelmäßig darauf hingewiesen, dass die Erforderlichkeit der einzelnen Abfragen des Antragsformulars für die Antragsbearbeitung stets zu prüfen ist.
Zudem hatte eine Arbeitsgruppe der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder zusammen mit der Bundesagentur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit daran mitgewirkt, die Fragebögen für die Bürger zu „verschlanken”.
Ein Ergebnis des Einwirkens der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder war unter anderem, dass die Bundesagentur Ausfüllhinweise zu dem Fragebogen erstellt hat, die unter anderem auf den Webseiten der Arbeitsagenturen veröffentlicht worden sind. Die Arbeitsagenturen wurden angehalten, die Ausfüllhinweise zu berücksichtigen. Ein weiteres Ergebnis ist, dass die im Jahr 2005 neu zu veröffentlichenden Fragebögen sich inhaltlich an den Hinweisen der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder orientieren. Weiterhin haben die Datenschutzbeauftragten darauf hingewirkt, dass diejenigen, die ihren Antrag frühzeitig unter Verwendung des ersten Fragebogens gestellt haben, nicht benachteiligt werden.
Ein weiteres datenschutzrechtliches Problem ist die Verwendung der von der Bundesagentur vorgegebenen Software A2LL. Es besteht die Gefahr eines uneingeschränkten bundesweiten Zugriffs der Sachbearbeitung auf alle Daten, die im Rahmen von A2LL erfasst worden. Erforderlich und damit datenschutzrechtlich zulässig ist jedoch nur der Zugriff auf diejenigen Daten, die für die Bearbeitung im jeweiligen Einzelfall unerlässlich sind.
Zur bisherigen Problematik ist auf die Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom Oktober 2004 zu den gravierenden Datenschutzmängeln bei Hartz IV (Anlage 22) zu verweisen. Auch in Zukunft wird die Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitssuchende beobachtend und beratend begleitet.