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III. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.1995 - 31.03.1997

16.2 Immunität von Mitgliedern des Landtages von Sachsen-Anhalt

Das Ministerium der Justiz hat die Frage aufgeworfen, ob Artikel 58 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt, der im übrigen Artikel 46 GG nachgebildet ist, als Rechtsgrundlage für eine Mitteilung der Justiz in Strafsachen herangezogen werden kann, mit der z.B. dem Landtag der Abschluß eines Verfahrens gegen einen Abgeordneten mitgeteilt wird.
Hierzu war aus datenschutzrechtlicher Sicht folgendes aufzuführen:

  1. Aus Artikel 58 Landesverfassung ergibt sich unmittelbar, daß nicht dem einzelnen Abgeordneten besondere Rechte eingeräumt werden, etwa mit der Folge, daß dieser rechtswirksam auf seine Immunität verzichten oder auch nur bindend vom Landtag ihre Aufhebung verlangen könnte. Die Immunität der Abgeordneten ist vielmehr ein Privileg des Parlaments, über das nur dieses selbst disponieren kann.

  2. Damit ist aber von Verfassungs wegen noch nichts darüber ausgesagt, ob der betroffene Abgeordnete in bestimmten Fällen eine Einschränkung seiner Grundrechte hinnehmen muß. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 6 Abs. 1 Landesverfassung und Artikel 2 Abs. 1 i.V. mit Artikel 1 Abs. 1 GG) gilt für jeden Staatsbürger, auch für den Abgeordneten. Dessen Grundrecht wird durch Artikel 58 Landesverfassung auch nicht eingeschränkt, denn die Bestimmung richtet sich nicht gegen die Rechte des einzelnen Abgeordneten.
    Der Eingriff in das Grundrecht geht von den personenbezogenen Übermittlungen der Exekutivbehörden bzw. der Gerichte an das Parlament aus. Eingriffs- und Übermittlungsgrundlage für deren Tätigkeit ist entweder eine bereichsspezifische gesetzliche Regelung oder § 11 Abs. 1 i.V. mit § 10 Abs. 2 Nr. 1 DSG-LSA.

  3. Artikel 58 Landesverfassung kommt in dem Verfahren allerdings insoweit Bedeutung zu, als er nach Inhalt und Sinn dem Parlament ein Recht zur Nachfrage und damit zur Bestimmung des Umfanges der von der Exekutive zu übermittelnden personenbezogenen Daten des betroffenen Abgeordneten gibt. Artikel 58 gibt dem Parlament aber keinen generellen Informationsanspruch über den Ausgang eines den Abgeordneten betreffenden Ermittlungsverfahrens.

Aus alledem folgt, daß das Parlament im Einzelfall eine Schlußmitteilung für sich nur in den Fällen reklamieren kann, in denen seine Arbeits- und Funktionsfähigkeit weiter tangiert sein könnte. Das ist aber dann nicht der Fall, wenn z.B. ein Abgeordneter aus der vorangegangenen Legislaturperiode inzwischen dem Parlament nicht mehr angehört. Den Behörden und Gerichten fehlt in einem solchen Fall auch die gesetzliche Grundlage für eine Übermittlung an das Parlament, denn es mangelt sowohl an der in § 11 Abs. 1 DSG-LSA vorgesehenen „Erforderlichkeit”, wie auch an der vom Gesetz geforderten Aufgabe der einen wie der anderen Seite.