III. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.1995 - 31.03.1997
21.8 Staatliche Eingriffsbefugnisse in der modernen Informationsgesellschaft
Die tiefgreifende Entwicklung der modernen Telekommunikation (insbesondere durch Privatisierung der Netze, weite Verbreitung von Mobilfunkgeräten, Digitalisierung der Kommunikation), die rasche Fortentwicklung der weltweit vernetzten Informationstechnologie zu Kommunikationszwecken (z.B. Mailboxen, Internet) und zu Zwecken der Informations- und Güterbeschaffung (z.B. Online-Datenbanken, Teleshopping) sowie die neuen Medien, lassen die traditionellen Grenzen zwischen Medien-, Kommunikations- und Informationstechnik verschwinden und führen - jedenfalls tendenziell - zu einem grundlegend veränderten Kommunikationsverhalten des Bürgers. Traditionelle Büroarbeiten werden über Teleworking Gegenstand digitalisierter Übertragung und damit überwachbar, Telebanking ermöglicht auch überwachbare Banktransaktionen, Tele-shopping kann zu einem transparenten Konsumverhalten führen, die Nutzung von Fernsehen mit Rückkanal oder der Informationsangebote von Rundfunk und Fernsehen im Internet führen zur elektronischen Überprüfbarkeit der Mediennutzung. Mit dieser Entwicklung zur „Informationsgesellschaft” gehen auch neue Gefahren durch die Nutzung der neuen Technik zu kriminellen Zwecken einher.
Es ist deshalb nicht nur legitim, sondern geboten, daß die Strafverfolgungsbehörden in die Lage versetzt werden, ihre gesetzlichen Überwachungs- und Zugriffsrechte wahrzunehmen, um Mißbräuchen wirksam begegnen zu können.
Die dahingehenden gesetzgeberischen und technischen Anstrengungen dürfen jedoch aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht zur Folge haben, daß in die Grundrechte unbeteiligter Bürger, insbesondere in ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht, aber auch in das Fernmeldegeheimnis und das Recht auf unbeobachtete Kommunikation mehr eingegriffen wird, als unabdingbar erforderlich. Die verfassungsrechtlich garantierten Freiheitsräume des einzelnen müssen auch bei Nutzung der neuen Technik erhalten bleiben.
Daher hat die 52. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder Thesen beschlossen (Anlage 9), die diesen Grundsätzen Rechnung tragen sollen.