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III. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.1995 - 31.03.1997

29.4 Speicherung von Wiederholungsfällen bei Verstößen im ruhenden Verkehr

Mit einem Erlaß vom 05.01.1996 zum o.g. Sachverhalt hat das Ministerium des Innern die Führung manueller Karteien wie auch automatisierter Dateien durch Kommunen zu diesem Zweck für unzulässig erklärt. Ebenso unzulässig ist nach diesem Erlaß auch die diesbezügliche systematische Auswertung der aus kassentechnischen Gründen zu Verwarngeldverfahren geführten örtlichen Dateien.
Die Unzulässigkeit ergibt sich aus den bestehenden Regelungen des StVG, die in den §§ 28 bis 30a StVG insoweit abschließende Bestimmungen enthalten.

Im August 1996 setzte das Ministerium des Innern den Landesbeauftragten über eine Vollzugsmeldung der zuständigen Regierungspräsidien von der Umsetzung des o.g. Erlasses in Kenntnis.
Der Landesbeauftragte begrüßt diese datenschutzgerechte Klarstellung.

Wiederholte Anfragen von Ordnungsämtern in der Folgezeit sowie eingegangene Meldungen zum Dateienregister von sog. „OWi-Dateien” lassen aber beim Landesbeauftragten Zweifel an der wirksamen Umsetzung dieses Erlasses und dessen Kenntnis in der Verwaltungspraxis aufkommen.
Der Landesbeauftragte weist deshalb die Straßenverkehrsbehörden nochmals auf folgende Grundsätze hin:

  1. Auch eine automatisiert vorgehaltene „OWi-Datei” unterliegt dem Zweckbindungsgrundsatz, wie ihn das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung zum Volkszählungsurteil entwickelt hat. Das bedeutet, daß eine Speicherung und Auswertung von abgeschlossenen Verwarngeldverfahren bei Verkehrsordnungswidrigkeiten zur Erkennung von sog. „Mehrfachtätern” unzulässig ist. Eine solche automatisierte „OWi-Datei” soll lediglich dem Zweck dienen, mittels moderner EDV die einzelnen Verfahren schneller und leichter abzuwickeln.

  2. Auch der § 17 Abs. 3 OWiG bildet keine Rechtsgrundlage zur Speicherung und Auswertung von Halt- oder Parkverstößen, die als Verwarnung erledigt wurden. Mit der rechtzeitigen Zahlung des Verwarnungsgeldes durch den Betroffenen ist die Sache erledigt und „aus der Welt”.
    Eine Erhöhung bei der Bemessung des Verwarnungsgeldes durch die zuständige Verwaltungsbehörde der Gefahrenabwehr kann daher nur im Einzelfall in Betracht kommen, wenn der Behörde zeitnahe weitere Verstöße vorliegen, die ohne besondere Nachforschung bekannt sind oder sich von selbst im Verfahren ergeben (Göhler, OWiG, 11. Aufl. § 17 Rdnr. 20c).

  3. Der § 25a Abs. 1 StVG sieht für die Halt- oder Parkverstöße im ruhenden Verkehr die Halterhaftung vor. Wesentlich dafür war die Tatsache, daß in der Praxis den Verwaltungsbehörden in den allerwenigsten Fällen der Nachweis gelingt, daß der Betroffene (hier der Kfz-Halter) den oder die mehrfachen Verstöße auch tatsächlich selbst begangen hat. Die Bezahlung eines Verwarnungsgeldes ist kein Schuldeingeständnis des Betroffenen, sondern Teil eines mitwirkungspflichtigen Verwaltungsaktes aus Anlaß einer Ordnungswidrigkeit (Göhler, OWiG, 11. Aufl., vor § 56 Rdnr. 4 - 6).

Der Landesbeauftragte wird deshalb im Rahmen seines Kontrollauftrages die datenschutzgerechte Umsetzung dieses Erlasses bei den Behörden überprüfen.