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III. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.1995 - 31.03.1997

4.2 Übermittlung personenbezogener Daten bosnischer Bürgerkriegsflüchtlinge

Durch den Ausländerbeauftragten der Landesregierung erfuhr der Landesbeauftragte im Herbst 1996 von der Absicht des Ministeriums des Innern, auf Bitten des Bundesinnenministeriums die Ausländerbehörden des Landes anzuweisen, die personenbezogenen Daten (u.a. Personalien und Herkunftsort) aller bosnischen Bürgerkriegsflüchtlinge an eine Projektgruppe beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFl) zu übermitteln, um die freiwillige Rückkehr dieses Personenkreises vorzubereiten und u.a. mit Mitteln der EU fördern zu lassen. 

Weder der Bundesbeauftragte für den Datenschutz noch die Länderkollegen wußten etwas von diesen Maßnahmen. Schnell zeigte sich, daß für diese Datenübermittlung weder im Ausländergesetz noch in den Datenschutzgesetzen der Länder eine direkte Rechtsgrundlage existiert. Auch ließ sich die Zuständigkeit des BAFl nicht belegen.
Zwischenzeitlich sind einige Landesbeauftragte und der Bundesbeauftragte für den Datenschutz nach "kräftigem Schütteln" ihrer Gesetze zu dem Ergebnis gekommen, daß die mehrfache Übermittlung dieser personenbezogenen Daten datenschutzrechtlich noch zulässig, zumindest vertretbar sei. 
Der Landesbeauftragte hat in einem Schreiben an seine Kollegen noch einmal deutlich gemacht, daß er nach unserem Landesrecht die Übermittlung der Daten ohne die Einwilligung der Betroffenen nicht für zulässig hält. Vor dem Hintergrund wiederholter Äußerungen des Bundesaußenministers, wonach vor allem statistische Angaben über Zahl und Herkunftsort der in Deutschland lebenden bosnischen Flüchtlinge benötigt würden, ist ihm nicht ersichtlich, warum die Übermittlung hunderttausender personenbezogener Daten "als Voraussetzung für erfolgreiche Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern" erforderlich sein soll. Statistische Aufstellungen, ohne Namensbezug, dürften eigentlich auch für die als "ausufernd" bekannte EU-Bürokratie reichen. Für deren Tätigkeit gibt es im übrigen bis heute kein angemessenes Datenschutzniveau. Die in Sachsen-Anhalt gefundene Lösung hält der Landesbeauftragte für datenschutzrechtlich vertretbar. Danach wird jeder Betroffene über die Übermittlungsabsicht schriftlich informiert und erhält Gelegenheit, evtl. schutzwürdige Belange in seinem Fall vorzutragen.