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IV. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.1997 - 31.03.1999

11.3 Ärztliche Schweigepflicht

Immer wieder muß sich der Landesbeauftragte mit besonderen Problemen im Bereich der ärztlichen Schweigepflicht auseinandersetzen.
So wurde aufgrund einer Kontrolle bei einer Krankenversicherung festgestellt, daß diese, ohne daß eine gesetzliche Grundlage oder eine Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht vorlag, von Fachärzten (auch Nervenfachärzten!) vollständige Gutachten aufgrund einer einfachen Anforderung erhielt. Der Krankenversicherung ist die Einsichtnahme in fachärztliche Gutachten nur in wenigen im Gesetz genannten Fällen erlaubt (vgl. z.B. § 100 SGB X). Auch eine Einwilligungserklärung des Versicherten berechtigt nicht, das vom Gesetzgeber festgelegte grundsätzliche Verbot dieser Datenerhebung zu umgehen.
Bedenklich erscheint auch das Verhalten der Mediziner, die durch die unbefugte Offenbarung personenbezogener medizinischer Daten nicht ausreichend berücksichtigen, daß sie sich dadurch einer strafrechtlichen Verfolgung aussetzen (§ 203 StGB). Es ist festzuhalten, daß der Mediziner Sachwalter der Interessen seiner Patienten ist und die ihm bekannten (oft sehr sensiblen) Daten nur dann offenbaren darf, wenn das Gesetz oder der Patient dieses fordern bzw. gestatten.

Rechtlich umstritten ist die auch in § 10 Abs. 2 der Berufsordnung der Ärztekammer Sachsen-Anhalt verankerte Regelung, daß dem Patienten die subjektiven Eindrücke oder Wahrnehmungen des Arztes nicht offenbart werden müssen. Zum einen kann durch eine standesrechtliche Satzung geltendes Bundesrecht (hier § 19 BDSG) nicht außer Kraft gesetzt werden. Zum anderen würde durch diese nicht gesetzeskonforme Interpretation der Wille des Gesetzgebers konterkariert, der gerade beim Auskunftsrecht ausweislich der Beratungsprotokolle zum Entwurf des Bundesdatenschutzgesetzes größten Wert darauf gelegt hat, daß das Auskunftsrecht als wichtigstes Kontrollrecht des Bürgers nicht eingeschränkt wird.
Im übrigen ist festzuhalten, daß das Vorenthalten von Auskünften das Vertrauensverhältnis Arzt/Patient derart belasten dürfte, daß eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient bei der Behandlung wohl kaum noch möglich ist.