Menu
menu

IV. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.1997 - 31.03.1999

16. Landtag

Datenschutz im Petitionsausschuß des Landtages

Auf Anfrage der Ausschußvorsitzenden, ob jedes Mitglied des Petitionsausschusses grundsätzlich alle vorliegenden Petitionen einsehen darf, hat der Landesbeauftragte wie folgt gutachtlich Stellung genommen:

Die aufgeworfene Frage betrifft sowohl die Rechte der Petenten als auch die der Abgeordneten. Bei der Bearbeitung der Petitionen kann es zu einer Konkurrenz beider Rechte kommen. Die dann von Verfassungs wegen gebotene Abwägung beider Rechte obliegt dem Landtag selbst, soweit nicht schon in der Verfassung selbst oder in einem Gesetz Regelungen dazu getroffen wurden.

Im einzelnen:

  1. Sowohl die Eingaben von Petenten als auch zu diesem Zweck durch den Petitionsausschuß angeforderte Akten und Auskünfte enthalten regelmäßig personenbezogene Daten. Diesbezüglich steht jedem Petenten und jedem Drittbetroffenen das Recht auf Schutz seiner personenbezogenen Daten aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 LVerf zu. Diese Grundrechte binden nach Art. 3 Abs. 1 LVerf auch den Landtag. Das Nähere regelt das auch für die Arbeit des Landtages geltende Datenschutzgesetz des Landes. Die personenbezogenen Daten der Petenten dürfen danach im Landtag nur im Rahmen des Grundsatzes der Erforderlichkeit erörtert, genutzt oder übermittelt werden. Die Entscheidung, ob und ggf. in welchem Umfang die Erforderlichkeit durch generelle Regelungen oder durch Vorgaben für bestimmte Kategorien von Einzelfällen näher konkretisiert werden soll, obliegt dem Landtag, soweit nicht die Verfassung selbst dem einzelnen Abgeordneten besondere Rechte zuweist. Der speziell für die Behandlung von Bitten und Beschwerden verfaßte Art. 61 LVerf trifft zur Fragestellung keine spezielle Regelung

    Allerdings wird durch den in Art. 61 LVerf enthaltenen Verweis auf die Regelung in Art. 53 Abs. 4 LVerf deutlich gemacht, daß die schutzwürdigen Interessen Betroffener (sie sind Dritte im Sinne der Vorschrift) von Verfassungs wegen bei der Behandlung im Ausschuß zu berücksichtigen sind. Die nähere Ausgestaltung der parlamentarischen Arbeit bleibt der Geschäftsordnung (GO LT) nach Art. 46 LVerf vorbehalten. Diese konkretisiert die "Erforderlichkeit" in den §§ 48 und 49 GO LT. Eine direkte Regelung, einzelne Abgeordnete von bestimmten Vorgängen in Ausschüssen auszuschließen, enthält die Geschäftsordnung nicht.

  2. Wichtige Hinweise für die rechtliche Beurteilung enthalten aber die Ziffn. 6 und 7 der Grundsätze des Petitionsausschusses über die Behandlung von Bitten und Beschwerden, die vom Plenum des Landtages beschlossen wurden. Danach obliegt die einleitende Bearbeitung dem Ausschußdienst im Einvernehmen mit dem/der Vorsitzenden des Petitionsausschusses. Wird eine Petition nicht im vereinfachten Verfahren erledigt, so sehen die Grundsätze zwei - verschiedenen Fraktionen angehörende - Ausschußmitglieder als Berichterstatter vor. Daraus folgt, daß im normalen Bearbeitungsfall die jeweils vorliegende Petition lediglich dem/der Vorsitzenden des Ausschusses und den zwei benannten Berichterstattern im vollen Umfang zur Einsichtnahme zur Verfügung steht. Ihnen und dem Ausschußdienst obliegt nicht nur die Verfügungsgewalt über die Vorgänge, sondern auch die Pflicht zur Verschwiegenheit (vgl. § 5 DSG-LSA). So käme z.B. ein Verbringen der Unterlagen in allgemein zugängliche Fraktionsräume oder die personenbezogene Erörterung mit Abgeordneten, die nicht dem Petitionsausschuß angehören, nicht in Betracht. Auch aus den getroffenen Regelungen über die weitere Behandlung der Petitionen durch den Ausschuß kann der Wille des Parlaments und die Selbstverpflichtung des Ausschusses entnommen werden, den Umgang mit den gerade bei Petitionen häufig anzutreffenden sensiblen personenbezogenen Daten und die damit verbundenen Darlegungen auf ein Minimum an allgemeiner, offener Diskussion zu beschränken.

    Auch wenn die Grundsätze zur Beteiligung des/der stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses keine definitiven Regelungen treffen, sollte auch dabei die angesprochene vorsichtige und zurückhaltende Weiterleitung der personenbezogenen Informationen praktiziert werden. Kommt es im Einzelfall zu keiner einvernehmlichen Regelung zwischen der/dem Vorsitzenden und dem/der Stellvertreter(in), wäre dazu eine Diskussion und ggf. eine Beschlußfassung im Petitionsausschuß anzuraten.

  3. Einen weiteren Sonderweg bei der Bearbeitung der Petitionen läßt § 49 GO LT zu. Durch (Mehrheits-)Beschluß des Petitionsausschusses können einzelnen Mitgliedern besondere Befugnisse übertragen werden. Damit können im Einzelfall aus begründetem Anlaß auch besondere Einsichtsrechte verbunden sein.

Bei Einhaltung der vorstehend dargelegten Grundsätze und Regelungen sind die datenschutzrechtlich zu beachtenden Besonderheiten gewahrt.