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IV. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.1997 - 31.03.1999

20.6.2 Für die Aufgaben der Polizei

Auch in Sachsen-Anhalt werden die Wünsche der Polizei nach dem Einsatz technischer Aufzeichnungsgeräte mit verschiedener Begründung immer lauter. Zum einen wird in Zeiten knapper Kassen die Einsparung beim personellen Aufwand angeführt - ein schlechtes und schwaches Argument, denn der Rechtsstaats darf nicht die Beachtung von Grundrechten gegen billige Münze aufrechnen.
Zum anderen wird die deutlich wirkungsvollere Gefahrenabwehr und die beweissichernde Kraft bei der Strafverfolgung ins Feld geführt. In der Tat sprechen viele Beobachtungen im praktischen Alltag dafür, daß das Aufstellen einer Videokamera an bestimmten Stellen in einer Stadt schlagartig zum Rückgang von Straftaten und damit zu einer für die Bürger sinnvollen Gefahrenabwehr führt. Gelegentlich gelingt mit einer aufgezeichneten Szene auch die (leichtere) Festnahme und Überführung eines Straftäters.
Dies wird aber oft nur möglich, weil gleichzeitig die Grundrechte einer Vielzahl unbeteiligter Bürger auf unbeobachtete, freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit zumindest teilweise eingeschränkt werden. Das ist nur auf einer klaren gesetzlichen Grundlage zulässig, die der jeweils zuständige Gesetzgeber unter Abwägung aller Gesichtspunkte für unerläßlich und noch für verhältnismäßig halten durfte.
Solche bereichsspezifischen Rechtsgrundlagen gibt es für das Versammlungsrecht in den §§ 12a und 19a VersammlG, für die sonstige Gefahrenabwehr in § 16 SOG LSA und für die Strafverfolgung in § 100c Abs. 1 Nr. 1 StPO.
Daneben gibt es - ohne spezielle Rechtsgrundlage - die Überwachungswünsche der Polizei für Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des fließenden Verkehrs. Angesichts der heute zur Verfügung stehenden Vielfalt optischer und technischer Möglichkeiten bei Aufzeichnungsgeräten ist dieser Einsatzbereich in dichtbesiedelten Stadtbereichen nicht unproblematisch und für Mißbrauch besonders anfällig.
In den Fällen der Gefahrenabwehr ist der Landesbeauftragte bisher vereinzelt um Beratung und Stellungnahme gebeten worden. Wo die gesetzlichen Anforderungen eindeutig vorlagen, hat er unter zusätzlichen Hinweisen zur Mißbrauchseingrenzung und zum Schutz Unbeteiligter keine Bedenken erhoben.
Es sind aber künftig Konstellationen denkbar, bei denen unter den verschiedensten Rechtsgrundlagen eine Gesamtbeobachtungsszenerie entsteht (z.B. Totalerfassung ganzer Innenstadtbereiche), die mit dem übergeordneten Verfassungsrecht nicht mehr vereinbar ist.
Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben wegen der vielfältigen Problematik auf ihrer 57. Konferenz im März 1999 beschlossen, dazu eine spezielle Arbeitsgruppe einzusetzen. Deren Ergebnisse sollen dann nach Beratung in die bundesweite Beurteilung durch die Datenschutzbeauftragten einfließen.