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IV. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.1997 - 31.03.1999

21.4 Parlamentarische Kontrolle des Einsatzes technischer Mittel in Wohnungen

Gemäß Art. 13 Abs. 6 Satz 1 GG unterrichtet die Bundesregierung den Bundestag jährlich über den Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Nach Satz 3 dieser Vorschrift gewährleisten die Länder eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.
Unter den Justizministerien der Länder ist eine Diskussion darüber entstanden, ob auch landesrechtlicher Regelungsbedarf bezüglich einer parlamentarischen Kontrolle von Wohnraumüberwachungsmaßnahmen nach der StPO besteht.
Nach Mitteilung des Ministeriums der Justiz sei die übereinstimmende Auffassung der Justizministerien der Länder, daß bei Wohnraumüberwachungsmaßnahmen nach der StPO die parlamentarische Kontrolle vom Bundestag zu gewährleisten ist. Kontrollbedarf der Länder wird nur bei Wohnraumüberwachungsmaßnahmen nach den Sicherheits- und Ordnungsgesetzen der Länder oder den jeweiligen Landesverfassungsschutzgesetzen gesehen.

Der Landesbeauftragte teilt diese Auffassung nicht. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die parlamentarische Kontrolle ist, ob eine Stelle des Bundes oder des Landes die Maßnahme ausgeführt hat.
Gemäß Art. 83 GG führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten aus, soweit das Grundgesetz nichts anderes bestimmt. Soweit Wohnraumüberwachungsmaßnahmen nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO durch Landesbehörden (Polizei und/oder Staatsanwaltschaft) durchgeführt werden, handelt es sich also um Maßnahmen von Landesbehörden.
Die Verantwortung der Exekutivbehörden der Länder besteht gem. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit Art. 20 GG gegenüber dem Landesparlament und ist Ausdruck der allgemeinen politischen Kontrollfunktion des Parlaments im Rahmen seiner Zuständigkeit gegenüber der Exekutive.
Für diese Auffassung spricht, daß auch andere Formen parlamentarischer Kontrolle von Grundrechtseingriffen nicht darauf abstellen, ob sich die Maßnahmen nach einem Bundes- oder Landesgesetz richten. Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses gem. Art. 10 Abs. 2 GG finden fast ausschließlich auf bundesgesetzlicher Grundlage statt. Die Nachprüfung dieser Beschränkung wird durch das Gesetz zu Art. 10 GG nur bei Maßnahmen von Bundesbehörden dem G 10-Gremium des Bundestages zugewiesen. Die Regelung der parlamentarischen Kontrolle der G 10-Eingriffe von Landesbehörden wird gem. § 9 Abs. 5 G 10-Gesetz dagegen dem Landesgesetzgeber überlassen.

Allein die Tatsache, daß nach Art. 13 Abs. 6 Satz 1 GG und § 100e Abs. 2 StPO gegenüber dem Deutschen Bundestag jährlich ein Bericht zu erstatten ist, der auch die Maßnahmen der Länderbehörden umfaßt, ändert nach Auffassung des Landesbeauftragten nichts an der Verantwortlichkeit der Exekutive gegenüber dem Landesparlament. Die Berichtspflicht der Landesjustizverwaltungen soll lediglich gewährleisten, daß der Deutsche Bundestag als Gesetzgeber in diesem Bereich einen Gesamtüberblick über alle durchgeführten Maßnahmen erhält. Art. 13 Abs. 6 Satz 3 GG bleibt hiervon unberührt.
Folgte man dagegen der Auffassung einiger Justizministerien der Länder, könnten sich die Länderparlamente allenfalls über strafprozessuale Maßnahmen nach § 100c StPO auf Landesebene berichten lassen.