IV. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.1997 - 31.03.1999
21.5 DNA-Identitätsfeststellungsgesetz
Mit dem DNA-Identitätsfeststellungsgesetz (DNA-IFG) vom 07.09.1998, in Kraft getreten am 11.09.1998, hat der Gesetzgeber die 1997 in die StPO aufgenommenen Bestimmungen der §§ 81e und 81f über die DNA-Analyse (molekulargenetische Untersuchung) ergänzt.
Während die genannten Vorschriften die DNA-Analyse nur in einem anhängigen Strafverfahren erlauben, wird mit dem DNA-IFG die DNA-Analyse ein Mittel zur vorbeugenden Verbrechensbekämpfung und ist auch zum Zweck der Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren zulässig.
Voraussetzung ist, daß der Beschuldigte eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, die Maßnahme erforderlich ist (z.B. keine Doppelung) und eine Wiederholungsgefahr (Negativprognose) besteht.
Auch bei bereits früher rechtskräftig verurteilten Personen können in entsprechenden Fällen molekulargenetische Untersuchungen durchgeführt werden. Gleiches gilt, wenn eine Verurteilung nur wegen erwiesener oder nicht auszuschließender Schuldunfähigkeit, auf Geisteskrankheit beruhender Verhandlungsunfähigkeit oder fehlender oder nicht ausschließbar fehlender Verantwortlichkeit (§ 3 JGG) nicht erfolgte und die entsprechende Eintragung im Bundeszentralregister oder im Erziehungsregister noch nicht getilgt ist.
§ 3 DNA-IFG schließlich erklärt die Speicherung der gewonnenen DNA-Identifizierungsmuster in einer beim BKA eingerichteten Verbunddatei für zulässig. Weiterhin wird in dieser Vorschrift auch die Verarbeitung und Nutzung mit weitgehenden Auskunftsmöglichkeiten erlaubt.
Der Landesbeauftragte erachtet es grundsätzlich als positiv, daß diese sog. Gen-Datei auf eine gesetzliche Grundlage gestellt wurde. Allerdings sind die derzeitigen gesetzlichen Regelungen in mehreren Punkten aus datenschutzrechtlicher Sicht unzulänglich.
Das Gesetz enthält keine Sicherungen, welche einwandfrei ausschließen, daß gespeicherte Informationen, die Rückschlüsse auf persönlichkeitsrelevante Eigenschaften zulassen, im Rahmen des Fortschritts der Genforschung nicht doch mißbräuchlich oder zweckändernd genutzt werden können.
Des weiteren bringt das DNA-IFG nicht klar genug zum Ausdruck, daß die molekulargenetische Untersuchung und Speicherung zum Zweck der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung immer nur nach richterlicher Entscheidung erfolgen darf. Die freiwillige Zustimmung des Betroffenen zur Entnahme reicht nicht.
Auch wenn in einem vorhergegangenen Strafverfahren eine molekulargenetische Untersuchung nach §§ 81e, 81g StPO durchgeführt wurde, ist eine richterliche Prognoseentscheidung darüber einzuholen, ob aus Gründen der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung ein DNA-Identifizierungsmuster gespeichert werden darf.
Weiterhin enthält das DNA-IFG mit § 3 keine datenschutzrechtlich ausreichende Lösung der Rechtsgrundlage für Speicherung, Nutzung und Verarbeitung der erhobenen Daten.
Zur Umsetzung des DNA-Feststellungsgesetzes werden derzeit in einigen Bundesländern Verwaltungsvorschriften erlassen. In Sachsen-Anhalt fehlt es bislang an einer solchen Regelung.
Der im März 1999 bekanntgewordene Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN zur Änderung des DNA-IFG im Deutschen Bundestag könnte diese Mängel ausräumen.
Die in diesem Entwurf enthaltenen weiteren Ergänzungsvorschläge zu Abfragen aus dem Bundeszentralregister und zur Verarbeitung der nach § 81e StPO gewonnenen Identifizierungsmuster bedürfen noch einer eingehenden rechtspolitischen Diskussion.