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IV. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.1997 - 31.03.1999

23.3 Aufweichung des Sozialgeheimnisses

Zunächst unbemerkt von der Öffentlichkeit und den Fachleuten hat der Bundestag 1998 im Zusammenhang mit der Änderung des Medizinproduktegesetzes (Erstes MPGÄndG) auch § 68 SGB X geändert.

Die Änderung dieser Bestimmung soll es den Sozialbehörden erlauben, weit über den bisher zulässigen Umfang hinaus, der Polizei gegenüber Angaben über Klienten zu machen, insbesondere ob und wann sie sich in den Räumen eines Sozialleistungsträgers aufhalten. Dabei betrifft § 68 SGB X nur Fälle, in denen die Polizei Personen ohne den Zusammenhang mit Sozialleistungen sucht. Bei Verstößen gegen Sozialgesetze - etwa Sozialhilfebetrug - ist die Information der Polizei seit jeher nach § 69 SGB X unproblematisch.

Die Gesetzesänderung hat ein starkes Presseecho ausgelöst. Der Landesbeauftragte und die überwiegende Zahl seiner Kolleginnen und Kollegen haben in einer Presseerklärung scharfe Kritik an den Regelungen geäußert.
Das Gesetz ist jetzt soweit gefaßt, daß jedwede Abwägung bei der polizeilichen Aufgabenerfüllung fehlt und alle Sozialleistungsträger (Rentenversicherungsträger wie auch die Jugendbehörden) davon erfaßt sind. Diese tiefgreifende Änderung des sozialen Datenschutzes stört künftig das besonders sensible Vertrauensverhältnis Klient/Sozialarbeiter bzw. Sozialleistungsträger und konterkariert so auch den Sinn des Sozialdatenschutzes.
Allerdings obliegt die Mitteilung der freien Entscheidung der Sozialbehörde im Einzelfall - bei schutzwürdigen Belangen des Betroffenen kann die Behörde von einer Auskunftserteilung absehen.