IV. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.1997 - 31.03.1999
23.4 Ein Antrag auf Wohnberechtigung und die Sammelwut einer Behörde
Eine Petentin berichtete dem Landesbeauftragten, ihre Familie habe beim Wohnungsamt einen Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung über die Wohnberechtigung nach § 10 Belegungsbindungsgesetz (Wohnberechtigungsschein) gestellt. Der Antrag sei mit der Begründung abgelehnt worden, das Gesamteinkommen der Familie der Petentin übersteige die sich aus dem Zweiten Wohnungsbaugesetz ergebenden Einkommensgrenzen.
Die Familie akzeptierte diese Entscheidung, forderte aber vom Wohnungsamt ihre mit dem Antrag eingereichten Unterlagen, u.a. die Einkommensnachweise, zurück. Dies wurde mit wechselnden Gründen verwehrt.
Die datenschutzrechtliche Prüfung ergab, daß die Zurückbehaltung der nicht mehr erforderlichen Belege unzulässig war, weil es dafür keine gesetzliche Grundlage gab.
Die Aufbewahrungspflicht nach dem Haushaltsrecht als sog. leistungsbegründende Unterlagen entfiel, da die beantragte Leistung ja abgelehnt worden war. Die Zurückhaltung der Belege wäre danach lediglich noch solange erforderlich gewesen, bis die für eine Anfechtung gesetzlich vorgeschriebene Rechtsbehelfsfrist abgelaufen war. Die Familie hatte jedoch keinen Rechtsbehelf eingelegt. Die Unterlagen waren auch für zukünftige Anträge nicht mehr erforderlich.
Zu prüfen blieb letztlich, ob die Unterlagen z.B. für den Fall einer Geschäftsprüfung zurückbehalten werden mußten.
Richtig ist, daß alle - also auch negative - Entscheidungen der Leistungsverwaltung durch die zuständigen Stellen nachprüfbar sein müssen. Deshalb sind die Entscheidungsgründe nachvollziehbar zu dokumentieren. Dafür reicht es aber aus, im Sachvorgang zu vermerken, daß eine bestimmte (Original-)Unterlage, z.B. ein Steuerbescheid, vorlag, aus der entnommen wurde, daß eine durch ein Leistungsgesetz vorgeschriebene Einkommensgrenze überschritten worden war und deshalb die Leistung verwehrt wurde.
Folglich waren die Unterlagen für die Aufgabenerfüllung des Wohnungsamtes als speichernde Stelle nach § 10 Abs. 1 DSG-LSA nicht mehr erforderlich und, da spezialgesetzliche Aufbewahrungsfristen nicht existieren, zurückzugeben oder datenschutzgerecht zu vernichten.
Dies gefiel dem Wohnungsamt nicht. Erst mit Hilfe des Regierungspräsidiums und des Fachministeriums konnte das Wohnungsamt schließlich zum Einlenken und zur Rückgabe der Unterlagen gebracht werden. Für zukünftige Fälle vergleichbarer Art traf das Regierungspräsidium eine entsprechende Regelung.