Menu
menu

IV. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.1997 - 31.03.1999

29. Wahlen

Ausschluß vom Wahlrecht und die datenschutzrechtlichen Folgen

Ein Häftling aus einer Justizvollzugsanstalt des Landes hatte sich zu Recht beim Wahlprüfungsausschuß des Landtages beschwert, daß ihm keine Gelegenheit zur Teilnahme an der Landtagswahl 1998 gegeben worden war, obwohl er wahlberechtigt gewesen sei.
Im Zuge der Nachforschungen wurde festgestellt, daß dem Strafgefangenen lediglich das passive Wahlrecht aberkannt worden war. Die Justizvollzugsanstalt hatte dazu zulässigerweise dem Ministerium der Justiz eine vom Einwohnermeldeamt erstellte "Liste über Wahlrechtsentzug" mit einer Vielzahl personenbezogener Daten von insgesamt 32 Strafgefangenen übersandt. Leider waren darauf nur die Einzeldaten von 16 Gefangenen unleserlich geschwärzt.
Nicht mehr zulässig war dann die weitere Übersendung der nur teilweise geschwärzten Gesamtliste vom Ministerium der Justiz an den Landeswahlleiter, statt an den Wahlprüfungsausschuß des Landtages. Bekanntlich schützt Art. 6 Abs. 1 LVerf jeden der auf der Liste genannten, nicht betroffenen Strafgefangenen vor unzulässigen Übermittlungen seiner personenbezogenen Daten an andere Stellen ohne gesetzliche Grundlage.
Die gesetzlich zugelassene Verfahrensweise ergibt sich aus § 54 LWG i.V. mit dem Wahlprüfungsgesetz vom 11.12.1992, insbesondere dessen §§ 3 und 4. Danach waren im konkreten Verfahren Beteiligte nur der einspruchführende Strafgefangene und der Wahlprüfungsausschuß des Landtages.
Die Übermittlung der Datenliste an den Landeswahlleiter war demnach schon deshalb unzulässig, weil die Prüfung eines Wahleinspruches nicht in seine Zuständigkeit fällt und davon ohnehin nur der Petent Gebrauch gemacht hatte. Der Landeswahlleiter war auch für die anderen aufgelisteten 31 Fälle nicht die zuständige Überprüfungsinstanz.
So führte dieser Fehler prompt zum nächsten. Der Landeswahlleiter übersandte seinerseits die Gesamtliste der Gefangenen an den Wahlprüfungsausschuß, anstelle die Übersendung nur auf den dort zu entscheidenden Einzelfall zu beschränken.
Der die Arbeit des Wahlprüfungsausschusses begleitenden Landtagsverwaltung unterlief dann der nächste Fehler. Dem Schreiben des Ausschusses an den einspruchführenden Gefangenen legte man wiederum die Gesamtliste bei.
Dieser war dann der erste, dem rechtliche Bedenken kamen. Er fragte beim Landesbeauftragten, ob das bis dahin abgelaufene Verfahren wohl datenschutzgerecht sei; immerhin habe er von den gesetzlichen Einschränkungen bei den anderen Gefangenen nichts gewußt, und ihre Daten gingen ihn wohl nichts an.
So war es, und der Landesbeauftragte hätte sich gewünscht, die in der Sache beteiligten öffentlichen Stellen hätten beizeiten auch etwas von dieser Datensensibilität bewiesen.