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IV. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.1997 - 31.03.1999

7.2 EUROPOL

EUROPOL hat - entgegen den weit verbreiteten Erwartungen - bisher seine Tätigkeit noch nicht aufgenommen. Allerdings sind auf deutscher Seite die nicht unerheblichen gesetzlichen Hürden für die Arbeitsaufnahme abgebaut worden. So hat der Deutsche Bundestag mit dem EUROPOL-Gesetz vom 16. Dezember 1997 dem Übereinkommen der Europäischen Union über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamtes zugestimmt. Dem sind bis zum September 1998 alle übrigen Mitgliedsländer gefolgt. Damit ist das EUROPOL-Übereinkommen vom 26. Juli 1995 unionsweit am 01. Oktober 1998 in Kraft getreten.
Daß EUROPOL dennoch bisher seine Tätigkeit nicht aufgenommen hat, liegt an den in Art. 45 Abs. 4 des Europäischen Übereinkommens vorgesehenen Rechtsakten. Erst wenn diese in Kraft getreten sind, darf die Arbeitsaufnahme erfolgen. Drei dieser Rechtsakte sind noch nicht ratifiziert. Es sind dies das auch in Deutschland umstrittene Immunitätenprotokoll über die Immunität für die Mitarbeiter von EUROPOL, die bilateralen Vereinbarungen zwischen den Mitgliedsländern zu den Verbindungsbeamten von EUROPOL und - als schwieriger letzter Punkt - die Ratifizierung der Geschäftsordnung der Gemeinsamen Kontrollinstanz nach Art. 24 des Übereinkommens.

Im Anschluß an die kritischen Ausführungen des Landesbeauftragten im III. Tätigkeitsbericht (S. 23 ff) kann zu den rechtlichen Problembereichen berichtet werden, daß die seinerzeit geäußerten Bedenken zu den grundlegenden Vorschriften über den Inhalt der Durchführungsbestimmungen zu den Analysedateien weitgehend ausgeräumt sind. Unbefriedigend geregelt bleibt - wie zwischenzeitlich auch in der juristischen Fachliteratur beklagt - der vom Landesbeauftragten seit langem monierte unzulängliche Rechtsschutz für betroffene Bürger.
Klarstellungen und leichte Verbesserungen zugunsten der Länder gegenüber dem ursprünglichen Entwurf finden sich nunmehr im deutschen EUROPOL-Gesetz. Zwar ist erwartungsgemäß darin festgelegt worden, daß das Bundeskriminalamt im Rahmen des EUROPOL-Übereinkommens die Aufgabe der nationalen Stelle gem. Art. 4 des Übereinkommens wahrnimmt und der Bundesbeauftragte für den Datenschutz die Aufgaben der nationalen Kontrollinstanz gem. Art. 23 des Übereinkommens, doch sind die Landeskriminalämter innerstaatlich befugt, im automatisierten Verfahren über das Bundeskriminalamt selbst Daten in das Informationssystem bei EUROPOL einzugeben und abzurufen und die eingegebenen Daten zu ändern, zu berichtigen oder zu löschen. Auch bleibt - entsprechend den innerdeutschen Zuständigkeiten - die Datenschutzkontrolle durch die Landesbeauftragten unberührt.
Als Vertreter der Bundesländer hat der Referatsleiter 24 im Ministerium des Innern einen Sitz im Verwaltungsrat, und der Landesbeauftragte ist das vom Bundesrat benannte zweite deutsche Mitglied in der Gemeinsamen Kontrollinstanz für EUROPOL.

Die mit Inkrafttreten des EUROPOL-Übereinkommens am 01. Oktober 1998 ins Leben gerufene Gemeinsame Kontrollinstanz nach Art. 24 des Übereinkommens hat nach längeren, sehr sachorientierten Verhandlungen am 23. November 1998 den von ihr erwarteten Entwurf einer Geschäftsordnung für dieses Gremium verabschiedet und als Vorsitzenden des Gesamtgremiums den Datenschutzbeauftragten der Republik Irland, als Vorsitzenden des Beschwerdeausschusses den Präsidenten der Niederländischen Registratiekamer gewählt.
Der Entwurf der Geschäftsordnung bedarf nun der Ratifizierung durch die Ratsmitglieder der EU-Länder. Diskussionsbedarf besteht auf dieser Seite insbesondere noch seitens Frankreichs und mit Einschränkungen auch Belgiens, Luxemburgs und Dänemarks, ob das Verfahren im Beschwerdeausschuß mehr justiziellen oder mehr verwaltungsverfahrensrechtlichen Charakter erhalten soll. Dabei stehen auch Mehrheitsentscheidungen zur Diskussion.
Da die endgültige Entscheidung über die Fassung der Geschäftsordnung nur im Einvernehmen zwischen den unabhängigen Mitgliedern der Kontrollinstanz und den Vertretern des Rates der Mitgliedsländer getroffen werden kann, soll in einer Sitzung der Gemeinsamen Kontrollinstanz im April 1999 ein Vermittlungsvorschlag der Ratsvertreter diskutiert werden.
Nach dem letzten Stand der Verhandlungen hofft man, daß EUROPOL seine Tätigkeit im Laufe des Sommers aufnehmen kann.