Entschließung der 54. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 23./24. Oktober 1997 - Erforderlichkeit datenschutzfreundlicher Technologien
Moderne Informations- und Telekommunikationstechnik (IuK-Technik) gewinnt in allen Lebensbereichen zunehmende Bedeutung. Die Nutzer wenden diese Technik z.B. in Computernetzen, Chipkartensystemen oder elektronischen Medien in vielfältiger Weise an und hinterlassen dabei zumeist umfangreiche elektronische Spuren. Dabei fällt in der Regel eine Fülle von Einzeldaten an, die geeignet sind, persönliche Verhaltensprofile zu bilden.
Den Erfordernissen des Datenschutzes wird nicht in ausreichendem Maße Rechnung getragen, wenn sich der Schutz der Privatheit des Einzelnen lediglich auf eine Beschränkung des Zugangs zu bereits erhobenen, gespeicherten und verarbeiteten personenbezogenen Daten reduziert. Daher ist es erforderlich, bereits vor der Erhebung und Speicherung die zu speichernde Datenmenge wesentlich zu reduzieren.
Datensparsamkeit bis hin zur Datenvermeidung, z. B. durch Nutzung von Anonymisierung und Pseudonymisierung personenbezogener Daten, spielen in den unterschiedlichen Anwendungsbereichen der IuK-Technik, wie elektronischen Zahlungsverfahren, Gesundheits- oder Verkehrswesen, bisher noch eine untergeordnete Rolle. Eine datenschutzfreundliche Technologie lässt sich aber nur dann wirksam realisieren, wenn das Bemühen um Datensparsamkeit die Entwicklung und den Betrieb von IuK-Systemen ebenso stark beeinflusst wie die Forderung nach Datensicherheit.
Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder wollen in Zusammenarbeit mit Herstellern und Anbietern auf datenschutzgerechte Lösungen hinarbeiten. Die dafür erforderlichen Techniken stehen weitgehend schon zur Verfügung. Moderne kryptographische Verfahren zur Verschlüsselung und Signatur ermöglichen die Anonymisierung oder Pseudonymisierung in vielen Fällen, ohne dass die Verbindlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Datenverarbeitung beeinträchtigt werden. Diese Möglichkeiten der modernen Datenschutztechnologie, die mit dem Begriff „Privacy enhancing technology (PET)” eine Philosophie der Datensparsamkeit beschreibt und ein ganzes System technischer Maßnahmen umfasst, sollten genutzt werden.
Vom Gesetzgeber erwarten die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder, dass er die Verwendung datenschutzfreundlicher Technologien durch Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen forciert. Sie begrüßen, dass sowohl der Mediendienste-Staatsvertrag der Länder als auch das Teledienstedatenschutzgesetz des Bundes bereits den Grundsatz der Datenvermeidung normieren. Der in den Datenschutzgesetzen des Bundes und der Länder festgeschriebene Grundsatz der Erforderlichkeit lässt sich in Zukunft insbesondere durch Berücksichtigung des Prinzips der Datensparsamkeit und der Verpflichtung zur Bereitstellung anonymer Nutzungsformen verwirklichen. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder bitten darüber hinaus die Bundesregierung, sich im europäischen Bereich dafür einzusetzen, dass die Förderung datenschutzfreundlicher Technologien entsprechend dem Vorschlag der Kommission in das 5. Rahmenprogramm „Forschung und Entwicklung” aufgenommen wird.
Neben Anbietern von Tele- und Mediendiensten sollten auch die Hersteller und Anbieter von IuK-Technik bei der Ausgestaltung und Auswahl technischer Einrichtungen dafür gewonnen werden, sich am Grundsatz der Datenvermeidung zu orientieren und auf eine konsequente Minimierung gespeicherter personenbezogener Daten achten.