V. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.1999 - 31.03.2001
15.4 INPOL-Neukonzeption
Die Polizeidienststellen des Bundes und der Länder verarbeiten in erheblichem Umfang personenbezogene Daten zur Kriminalitätsbekämpfung. Um einen schnellen und effektiven Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Polizeidienststellen zu gewährleisten, wird beim Bundeskriminalamt (BKA) das bundesweite polizeiliche Informationssystem „INPOL” geführt (vgl. die Beiträge im I. Tätigkeitsbericht, S. 102 ff, und im II. Tätigkeitsbericht, S. 107 f).
Zur Erweiterung und grundlegenden Neustrukturierung des bisherigen Systems wurde beim BKA schon 1996 eine Projektgruppe eingesetzt. Anlaß für die Neukonzeption dieses Verfahrens waren neben neuen technischen Möglichkeiten der Auswertungen auch veränderte Anforderungen aus polizeifachlicher Sicht zur Bewältigung des immens gestiegenen Datenaufkommens und dessen elektronischer Verarbeitung. Ende 2001 sollte das neue System seinen Betrieb aufnehmen, daran darf aber gezweifelt werden, weil die technische Realisierung mehr Tücken zeigt als erwartet.
Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben zur datenschutzrechtlichen Begleitung des Projekts eine Arbeitsgruppe gebildet, der auch ein Vertreter des Landesbeauftragten angehört.
Probleme bei der abschnittsweisen Entwicklung des Projektes haben sich aus der Tatsache ergeben, daß INPOL-neu eine Verbundanwendung für die Daten aller Länderpolizeien beinhaltet, aber aufgrund der unterschiedlichen Polizeigesetze der Länder unterschiedliche Vorschriften abdecken muß.
Der wichtigste Bestandteil von INPOL-neu ist dabei die Zusammenführung aller Erkenntnisse zu einer Person in einer Gesamtdatenbank im Gegensatz zu dem gegenwärtigen Verfahren einer Vielzahl von geschlossenen Dateien. Die Zugriffe auf diese neue Datenbank sollen dann entweder gezielt auf die Einzelinformation oder umfassend je nach Berechtigungsgrad der abfragenden Person oder Stelle möglich sein. Dies soll durch ein umfassendes Berechtigungssystem gewährleistet werden, das die datenschutzrechtlichen Grundsätze der Zweckbindung und der Erforderlichkeit berücksichtigt.
Im Rahmen dieser Neukonzeption und der damit verbundenen Anpassung der Länderinformationssysteme wird von einigen Ländern angestrebt, die Länderpolizeidaten künftig im Wege der Auftragsdatenverarbeitung an das BKA zu übertragen. Eine solche Datenverarbeitung im Auftrag war zunächst nur übergangsweise für die Länder vorgesehen, die keinen zeitgerechten technischen Anschluß an das Verfahren INPOL-neu gewährleisten konnten. Inzwischen liebäugeln aber eine ganze Reihe von Ländern aus Gründen der Kosteneinsparung damit, eine dauerhafte Verarbeitung ihrer polizeilichen Daten beim BKA vornehmen zu lassen.
Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder halten eine Auslagerung der Verarbeitung wesentlicher Teile der Datenbestände der Landespolizei zum BKA auf der Grundlage des § 2 Abs. 5 BKAG grundsätzlich für unzulässig und darüber hinaus für verfassungsrechtlich bedenklich. Nicht von ungefähr weist das Grundgesetz die Polizeihoheit den Ländern zu!
Die dauerhafte zentrale Datenhaltung beim BKA würde die informationelle Trennung von Landesdaten und Verbunddaten aufweichen, und die in § 2 Abs. 1 BKAG statuierte Schwelle, daß nur Daten über Straftaten von länderübergreifender, internationaler oder sonst erheblicher Bedeutung beim BKA verarbeitet werden dürfen, würde schleichend umgangen (vgl. Beschluß der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 12./13.10.2001 (Anlage 20)). Damit würde auch ein wesentliches Stück Machtverteilung zwischen dem Bund und den Ländern zu Lasten der Länder und ihrer Bürger aufgegeben.
Die vom Landesbeauftragten dargelegte Rechtsauffassung wird vom Ministerium des Innern nicht geteilt. Über die künftige Verarbeitung von Polizeidaten des Landes Sachsen-Anhalt beim BKA steht nach Mitteilung des Ministeriums des Innern von Ende März 2001 die abschließende Entscheidung allerdings noch aus.