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V. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.1999 - 31.03.2001

16.5 Der gläserne Internetbürger?

Wenn es nach den Innenministern des Bundes und der Länder ginge, wäre es mit der Freiheit der Bürger und Bürgerinnen, unbeobachtet von staatlichen Stellen im Internet zu surfen, bald vorbei. Auf ihrer Konferenz am 24. November 2000 haben die Herren gefordert, Provider und Betreiber von Servern sollten künftig verpflichtet werden, IP-Adresse und Nutzungszeitraum jedes im Internet aktiven Rechners zu protokollieren und diese Daten eine angemessene Zeit aufzubewahren.

Mit Hilfe der IP-Adresse kann bekanntlich jeder Rechner im Internet eindeutig identifiziert werden. Über die Protokolldateien der Server können Provider und Betreiber erkennen, von welchen IP-Adressen aus welche Webseiten aufgerufen werden. Aufzeichnungen darüber sehen die Innenminister als ideale Vorratsdatensammlung für den Fall, daß irgendwann einmal daraus Spuren von Straftaten nachgewiesen werden könnten.

Wollte man diese Idee ernsthaft umsetzen, könnte man auch gleich die Post und andere vergleichbare Dienstleister verpflichten, sämtliche Absender- und Empfängerangaben im Brief- und im Paketverkehr für Zwecke einer möglichen späteren Strafverfolgung zu speichern.

Der Landesbeauftragte hat gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen der übrigen Bundesländer (außer Thüringen) in einer Presseerklärung deutlich gemacht, daß eine solche Vorschrift nicht nur verfassungswidrig wäre, sondern auch für praktische Zwecke der Strafverfolgung schnell ungeeignet werden könnte. Die generelle Protokollierungs- und Aufbewahrungspflicht der personenbezogenen Daten aller Internetbenutzer würde nicht nur unzulässig in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen, sondern wäre auch angesichts von Millionen rechtstreuer Internetnutzer völlig unverhältnismäßig. Im übrigen hat das Bundesverfassungsgericht schon 1983 im sog. Volkszählungsurteil die Vorratsdatenhaltung verboten.

Es besteht dafür auch aus praktischen Gründen gar kein Bedürfnis. In konkreten Ermittlungsfällen haben Polizei und Justiz schon nach der heutigen Rechtslage jederzeit die Möglichkeit, entsprechende Angaben bei den Providern zu erhalten und in eine konkrete Strafverfolgung einzubringen. Im übrigen würde eine generelle Erfassung aller Internetnutzer nur dazu führen, daß man sich mit Hilfe der weltweiten Möglichkeiten bei Providern im Ausland entsprechende IP-Adressen besorgt, die den deutschen Strafverfolgungsorganen nicht zugänglich sind.

Der Landesbeauftragte ist mit seinen Kolleginnen und Kollegen deshalb der Auffassung, daß es den unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland auch weiterhin möglich sein muß, unbeobachtet im Internet zu surfen.