V. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.1999 - 31.03.2001
22.2 Medizinische Daten der Privatpiloten in einer Zentraldatei?
Der Landesbeauftragte wurde durch einen Artikel in einer Fachzeitschrift auf ein Rechtsproblem bei § 65 Abs. 3 Ziff. 4b Luftverkehrsgesetz (LuftVG) in der seit 01.03.1999 gültigen Fassung aufmerksam. Das geänderte Gesetz sieht im Gegensatz zur derzeitigen Praxis künftig eine Zentrale Luftfahrerdatei vor. Sie dient der Feststellung, welche Erlaubnisse und Berechtigungen ein Luftfahrer besitzt und wird vom Luftfahrt-Bundesamt (LBA) geführt. Bisher führten die Länder solche Dateien für die von ihnen erteilten Genehmigungen.
In diese Datei sollen künftig u.a. auch medizinische Einzelbefunde aus den für die Privatpiloten vorgeschriebenen Tauglichkeitszeugnissen der fliegerärztlichen Untersuchungsstellen gespeichert werden. Damit soll auch eine vergleichende Kontrolle der Arbeit dieser Untersuchungsstellen möglich werden.
Diese Verfahrensweise hält der Landesbeauftragte datenschutzrechtlich für bedenklich, weil unter verfassungsrechtlicher Betrachtung der Zweck der Zentralen Luftfahrerdatei weder die Erforderlichkeit zur Speicherung von medizinischen Einzelangaben aus dem fliegerärztlichen Tauglichkeitszeugnis begründet noch dem Bund nach dem Grundgesetz (GG) die Kontrolle der fliegerärztlichen Tätigkeit zusteht. Gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG hat der Bund nur die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit bei der Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen. Die Kontrolle der ärztlichen Tätigkeit unterliegt aber dem Landesrecht.
Im übrigen bestehen auch erhebliche Zweifel, ob der Bund nach Art. 73 Nr. 6 GG berechtigt ist, eine solche Überwachung durch das Luftfahrt-Bundesamt zu regeln.
Auch aus den neuen europäischen Rechtsvorschriften für den Luftverkehr ergeben sich keine Zwänge zur Übermittlung medizinischer Einzelbefunde an ein solches Zentralregister.
Eine Rückfrage bei der zuständigen Luftfahrtbehörde des Landes ergab, daß auch nach Änderung des LuftVG aus Sachsen-Anhalt bisher keine medizinischen Einzeldaten an das Luftfahrt-Bundesamt übermittelt worden sind.
Trotzdem hat der Landesbeauftragte den Bundesbeauftragten um eine Klärung dieser Rechtsfragen beim zuständigen Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) gebeten. Dort sind zu diesem Thema bereits Gespräche auch mit Vertretern des LBA geführt worden. Bei der geplanten Neufassung des LuftVZO sollen diese datenschutzrechtlichen Bedenken Berücksichtigung finden. Tatsächlich spricht einiges dafür, daß sich die im Gesetz vorgesehene Erfassung nur auf die Speicherung der Feststellungsmerkmale der Tauglichkeit und der eingeschränkten Tauglichkeit beschränkt.
Eine solche Auslegung hält der Landesbeauftragte für verfassungskonform.
Sobald die Entscheidungsfindung im BMVBW abgeschlossen ist, wird der Landesbeauftragte informiert.