Entschließung der 59. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 14./15. März 2000 - Data Warehouse, Data Mining und Datenschutz
Mit der ständig zunehmenden Leistungsfähigkeit der Informations- und Kommunikationstechnik wächst die Menge gespeicherter personenbezogener Daten in Wirtschaft und Verwaltung weiter an. Zunehmend kommen automatisierte Verfahren zum Einsatz, die das gesammelte Datenmaterial effektiv verwalten und analysieren. Im „Data Warehouse” werden alle verwendbaren Daten in einem einheitlichen Datenpool losgelöst von ihrer ursprünglichen Verwendung zusammengeführt. „Data Mining” bietet Werkzeuge, die die scheinbar zusammenhanglosen Daten nach noch nicht bekannten, wissenswerten Zusammenhängen durchsuchen, Daten aufspüren, kombinieren und neue Informationen zur Verfügung stellen.
Diese Entwicklung schafft neben Vorteilen neue Gefahren und Risiken für das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und für den Schutz der Privatheit: Persönlichkeitsprofile, automatisierte Vorhersagen von Verhaltens- und Handlungsweisen, Manipulationsmöglichkeiten und zu lange Speicherung sind befürchtete Gefahren.
Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten weist auf Folgendes hin:
- Nach dem grundrechtlichen Gebot der Zweckbindung dürfen personenbezogene Daten nur im Rahmen der gesetzlich zugelassenen Zwecke oder der gegenseitigen Vereinbarungen verwendet werden. Eine personenbezogene Speicherung in einem allgemein verwendbaren Data Warehouse entfernt sich vom ursprünglichen Verwendungszweck und stellt eine Speicherung auf Vorrat ohne Zweckbindung dar. Personenbezogene Daten, die bei der öffentlichen Verwaltung vorhanden sind, sind in ihrer Zweckbestimmung grundrechtlich geschützt und dürfen nicht für unbestimmte Zwecke in einem „Daten-Lagerhaus” gesammelt werden.
- Eine Zweckänderung ist nur mit Einwilligung der Betroffenen zulässig, nachdem diese über die Tragweite der Einwilligung aufgeklärt worden ist. Eine Einwilligung in unbestimmte und zeitlich unbegrenzte Zweckänderungen ist deswegen unwirksam.
- Gestaltung und Auswahl von Datenverarbeitungs-Systemen haben sich an dem Ziel auszurichten, keine oder so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu verarbeiten. Anonyme und pseudonyme Verfahren sind datenschutzrechtlich unbedenklich.
- Verfahren sind so zu gestalten, dass die Betroffenen hinreichend unterrichtet werden, damit sie jederzeit die Risiken abschätzen und ihre Rechte wahrnehmen können. Sie haben insbesondere das Recht, eine erteilte Einwilligung jederzeit zurückzuziehen.
- Die gesetzlichen Speicherfristen, nach deren Ablauf die Daten zwingend archiviert oder gelöscht werden müssen, sind strikt zu beachten. Deswegen ist die Einrichtung von permanenten „Daten-Lagerhäusern” rechtswidrig. Die Europäische Datenschutzrichtlinie spricht grundsätzlich jeder Person das Recht zu, keiner belastenden automatisierten Einzelentscheidung unterworfen zu werden (Art. 15). „Data Mining” ist ein Instrument, das für solche Entscheidungen herangezogen werden kann.
Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder ruft die Hersteller und Anwender von „Data Warehouse”- und „Data Mining”-Verfahren dazu auf, solchen Programmen den Vorzug zu geben, die unter Einsatz von datenschutzfreundlichen Technologien die Speicherung von personenbezogenen Daten durch Anonymisierung oder Pseudonymisierung vermeiden.