Entschließung der 59. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 14./15. März 2000 - Unzulässiger Speicherungsumfang in ?INPOL-neu? geplant
Das Bundeskriminalamt und die Polizeien der Bundesländer konzipieren seit geraumer Zeit unter der Bezeichnung „INPOL-neu” eine Fortentwicklung des gemeinsamen Informationssystems. Inzwischen steht der Beginn der schrittweisen Einführung des neuen Datenaustauschsystems kurz bevor.
Das Informationssystem INPOL wirft in vielfacher Hinsicht datenschutzrechtliche Probleme auf. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben mehrfach aus konkretem Anlass darauf hingewiesen, dass nicht jede mit den heutigen technischen Möglichkeiten realisierbare oder mit polizeifachlicher Erforderlichkeit begründete Verarbeitung personenbezogener Daten zulässig ist. Bereits bei der Konzeption des INPOL-Systems muss vielmehr dafür Sorge getragen werden, dass in das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf informationelle Selbstbestimmung nur soweit eingegriffen wird, wie dies im Rahmen der Erforderlichkeit für die polizeiliche Aufgabenerfüllung durch Rechtsvorschriften erlaubt wird.
Es besteht jedoch Grund zu der Sorge, dass es bei der Neugestaltung des INPOL-Systems zu falschen Weichenstellungen mit der Folge unzulässiger Verarbeitung personenbezogener Daten kommt. Die zu befürchtende Fehlentwicklung liegt darin, dass das Bundeskriminalamt und die Landeskriminalämter planen, künftig im Bundes-Kriminalaktennachweis (KAN) die „gesamte kriminelle Karriere” jeder Person abzubilden, die aus Anlass eines INPOL-relevanten Delikts erfasst ist. Es sollen in diesen Fällen auch Daten über solche Straftaten gespeichert und zum Abruf bereit gehalten werden, die weder von länderübergreifender oder internationaler noch von besonderer Bedeutung sind.
§ 2 Abs. 1 BKAG beschränkt die Zuständigkeit des BKA (als Zentralstelle des polizeilichen Informationssystems) sowohl im präventiven als auch im repressiven Bereich auf „Straftaten mit länderübergreifender, internationaler oder erheblichen Bedeutung”. Der Wortlaut ist eindeutig. Anknüpfungspunkt und Gegenstand der Einteilung in INPOL-relevante Informationen einerseits und INPOL-irrelevante Informationen andererseits sind die „Straftaten”, nicht die einzelne Person und auch nicht das „Gesamtbild einer Person”. Der Gesetzeswortlaut bildet die Grenze der Auslegung; eine über den Wortsinn hinausgehende Anwendung verstößt gegen das Gesetz. Daher ist es unzulässig, die Frage der INPOL-Relevanz unabhängig von der konkreten einzelnen Straftat zu beurteilen. Vielmehr dürfen im Bundes-KAN nur Informationen zu solchen Straftaten verarbeitet werden, die im Einzelfall die in § 2 Abs. 1 BKAG aufgestellte Bedeutungsschwelle überschreiten.
Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder fordern das Bundesinnenministerium und die Innenministerien der Länder auf, von der geschilderten KAN-Erweiterung abzusehen.