Entschließung der 58. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 07./08. Oktober 1999 - DNA-Analysen zur künftigen Strafverfolgung auf der Grundlage von Einwilligungen
In der Strafprozeßordnung ist der Einsatz der DNA-Analyse zur vorbeugenden Verbrechensbekämpfung nur mit richterlicher Anordnung vorgesehen.
In einigen deutschen Ländern werden DNA-Analysen ohne richterliche Anordnung gestützt allein auf die Einwilligung der Betroffenen durchgeführt. Soweit die dabei erhobenen Daten zum Zweck der Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren genutzt werden sollen, bedürfen DNA-Analysen nach der klaren gesetzlichen Regelung des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes jedoch einer richterlichen Anordnung. Der Richter oder die Richterin hat u.a. die Prognose zu treffen, ob Grund zur Annahme besteht, dass gegen Betroffene künftig erneut Strafverfahren wegen des Verdachts erheblicher Straftaten zu führen sind. Wenn nunmehr auch DNA-Analysen gespeichert und zum Zweck der zukünftigen Strafverfolgung genutzt werden dürfen, die auf freiwilliger Basis – also ohne richterliche Anordnung – erstellt worden sind, und dies sogar durch die Errichtungsanordnung für die DNA-Analyse-Datei beim BKA festgeschrieben werden soll, werden damit die eindeutigen gesetzlichen Vorgaben des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes unterlaufen.
Die von Strafgefangenen erteilte Einwilligung zur Entnahme, Analyse und Speicherung kann keine Grundlage für einen derartigen Eingriff sein. Eine wirksame Einwilligung setzt voraus, dass sie frei von psychischem Zwang freiwillig erfolgt. Da Strafgefangene annehmen können, dass die Verweigerung der Einwilligung Auswirkungen z.B. auf die Gewährung von Vollzugslockerungen hat, kann hier von Freiwilligkeit keine Rede sein. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Freiwilligkeit einer Einwilligung ist die subjektive Einschätzung des Betroffenen. Auch wenn im Einzelfall die Weigerung von Strafgefangenen, sich einer
DNA-Analyse zu unterziehen, die Entscheidung über Vollzugslockerungen nicht beeinflußt, ist dennoch davon auszugehen, dass die Befürchtung, die Verweigerung habe negative Folgen, die freie Willensentscheidung beeinträchtigen.
Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder halten deshalb die Praxis einiger Länder, DNA-Analysen – abweichend von den gesetzlich vorgesehenen Verfahren – systematisch auf der Grundlage von Einwilligungen durchzuführen, für eine Umgehung der gesetzlichen Regelung und damit für unzulässig. Die möglicherweise mit der Beantragung richterlicher Anordnungen verbundene Mehrarbeit ist im Interesse der Rechtmäßigkeit der Eingriffsmaßnahmen hinzunehmen. Die Datenschutzbeauftragten fordern daher, DNA-Analysen zum Zweck der Identitätsfeststellung für künftige Strafverfahren nur noch auf der Grundlage richterlicher Anordnungen durchzuführen.