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VI. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.2001 - 31.03.2003

1. Entwicklung des Datenschutzes

Wer die jeweils zweijährigen Überblicke in den letzten Tätigkeitsberichten verfolgt hat, kennt die sich immer klarer abzeichnende Entwicklung längst:

Die Bürgerinnen und Bürger des Landes leben und arbeiten schon lange nicht mehr abgeschirmt in ihrem ländlichen oder städtischen Umfeld - sie sind vielmehr Teil einer über Deutschland und Europa hinausreichenden Gesellschaft aufgeregter Weltbürger. Dementsprechend spüren sie jetzt auch die Auswirkungen spektakulärer Ereignisse bis in ihren persönlichen Lebensbereich. Stichworte dieses Berichtszeitraumes sind Amerika seit dem 11. September 2001 und der terroristische Anschlag auf der Insel Djerba im Jahre 2002, der vor allem deutsche Bürger traf.

Die Innenpolitiker im Bund und auch in unserem Land versprechen hastig Sicherheit (Beispiel: bundesweite Rasterfahndung), errichten vorrangig aber nur immer neue Einschränkungen und verkleinern die unbeobachteten Bewegungsräume der "freien Bürger". Leider gibt es keine absolute Sicherheit und die relative Sicherheit ist schwer zu belegen. Dafür muss der Bürger künftig in Ausweis und Pass mit der Aufnahme seiner biometrischen Daten rechnen, sein Telefon kann schon längst - ohne dass er es weiß - in eine der inzwischen pro Jahr über 21.000 amtlich angeordneten Telefonüberwachungen geraten sein. Auch seine Reisepläne, seine Bank- und Sparkonten, seine Kreditkarten werden ohne sein Wissen abgefragt, analysiert und aufgezeichnet, seine Fahrten mit dem Auto über Streckenbeobachtungen und Mobilfunkauswertungen begleitet - wohlgemerkt, alles legal und ohne dass etwa ein Straftatverdacht gegen ihn vorliegen muss! Nur "liebevolle" Vorsorge des schützenden Staates.

Auch bei ihm oder ihr zu Hause und im unmittelbaren Wohnumfeld wird die Überwachung dichter: Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder konnten bisher nur mit Mühe verhindern, dass nicht jede Bewegung der Bürger im Internet aufgezeichnet und für Monate zur Auswertung vorgehalten wird - ganz gleich, ob nur ein Buch über das Internet bestellt oder eine Information zum Hobby der Aquariumshaltung ausgetauscht wurde. Die tägliche Rasterung zu geheimdienstlichen Zwecken, zur Wirtschaftsspionage und für die Werbung blüht - keine E-Mail und keine Geldüberweisung bleibt mehr unbeobachtet.

Auch im kleinen Umfeld bleibt etwas hängen:

Wenn er oder sie morgens über den Marktplatz oder die große Kreuzung geht, werden sich künftig auch in diesem Land ein halbes Dutzend Videoauswerter darüber amüsieren können, dass er oder sie zwei verschiedenfarbige Socken trägt und immer in der Nase bohrt, ehe man in die (überwachte) Straßenbahn einsteigt.

Die automatisierte Datenverarbeitung, die einerseits für schnelle und bürgerfreundliche Verwaltungsabläufe sorgen kann (Beispiel: Bürgerbüro), wird auch gegen den Bürger eingesetzt (keine Anmeldung bei der Müllabfuhr, nicht bezahlte Abgaben und Steuern). Für ganz normale Sozialleistungen muss der betreffende Bürger immer mehr Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen machen, weil die EDV-Technik größere Speicherkapazitäten erlaubt und weite Querschnittskontrollen ermöglicht. Beispiele dafür sind die Verteilung der Gelder an die Flutgeschädigten des letzten Jahres und die geänderte Kinderbetreuung im Land. Auch bei der medizinischen Versorgung wird die "fürsorgliche" Erfassung des Gesundheitszustandes und der Behandlung (einschließlich der Medikamente) der Bürger immer genauer.

Die Bürger werden also täglich transparenter. Selbst Fachleute haben heute keine Kontrolle mehr darüber, wo wir eine elektronische Spur hinterlassen.

Eine gute Nachricht und eine Empfehlung zum Schluss:

Der Umgang mit den Daten des Bürgers in den Hunderten von öffentlichen Stellen des Landes ist bezüglich dessen, was erlaubt ist, und in punkto Datensicherheit professioneller geworden. Der Bürger sollte vielleicht gerade deswegen kritisch darauf achten, wem er was, in welchem Umfang, zu welchem Zweck und wie lange über sich selbst an Informationen zur Verfügung stellt. In Zweifelsfällen sollte er besser den Landesbeauftragten befragen - kostenlos.