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VI. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01.04.2001 - 31.03.2003

19. Schulen

19.1  Einsichtsfähigkeit Minderjähriger

Im V. Tätigkeitsbericht (Ziff. 8.1) hat der Landesbeauftragte zur Frage der Einwilligung in die PISA-Studie der OECD darauf hingewiesen, dass Schülerinnen und Schüler mit zunehmendem Alter ein eigenständiges Zustimmungsrecht (je nach Einsichtsfähigkeit) haben.
Das Problem der Einsichtsfähigkeit minderjähriger Schüler und die Befugnis zur eigenverantwortlichen Ausübung des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung wird häufig erörtert. Gelegentlich wird angenommen, dass minderjährige Schüler in Anlehnung an die Religionsmündigkeit ab 14 Jahren regelmäßig über die erforderliche Einsichtsfähigkeit verfügen, selbst über die Preisgabe Ihrer personenbezogenen Daten in solch einer Studie zu entscheiden.

Hierzu ist auf folgendes hinzuweisen:
Die Rechte minderjähriger Schülerinnen und Schüler auf Auskunft, Einsicht in Unterlagen, Berichtigungen, Sperrungen oder Löschungen von Daten werden nach § 84a Abs. 4 Satz 1 Schulgesetz durch deren Erziehungsberechtigte ausgeübt. Darüber hinaus ist für die Einwilligung in die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten zu beachten, dass auch das minderjährige Kind Grundrechtsträger ist und damit Anspruch auf Achtung seiner Menschenwürde und Entfaltung seiner Persönlichkeit hat. Eine Einschränkung dieser Grundrechtsausübung durch das Elternrecht ist daher nur insoweit zulässig, als dies die Hilfs- und Schutzbedürftigkeit des Minderjährigen erfordert. Das Elternrecht muss seinem Wesen und Zweck nach gegenüber der Grundrechtsausübung des Minderjährigen zurücktreten, wenn der Minderjährige eine genügende Reife zur selbständigen Beurteilung der Lebensverhältnisse und zum eigenverantwortlichen Auftreten im Rechtsverkehr erlangt hat. Maßgeblich ist die individuelle Einsichtsfähigkeit. Mit der notwendigen Einzelfallabwägung lässt sich die pauschale Annahme einer generellen Einsichtsfähigkeit ab 14 Jahren nicht vereinbaren.
Eine Beteiligung der Eltern kommt im Hinblick auf das Elternrecht immer dann in Betracht, wenn die Einsichtsfähigkeit des Minderjährigen im konkreten Einzelfall nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann.