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Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 11. Oktober 2006
(bei Enthaltung von Schleswig-Holstein)

Sachgemäße Nutzung von Authentisierungs- und Signaturverfahren

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder beobachten einen Trend, abweichend von den bislang geltenden Vorgaben zur Nutzung der qualifizierten elektronischen Signatur in der öffentlichen Verwaltung zunehmend ungeeignete oder weniger sichere Verfahren zuzulassen. So soll beispielsweise infolge des Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Jahressteuergesetz 2007 (BR-Drs. 622/06) beim Verfahren Elster Online der Finanzverwaltung das in § 87a AO Abs. 3 geforderte Verfahren zur qualifizierten elektronischen Signatur durch ein Verfahren ersetzt werden, das lediglich zur Authentisierung der Datenübermittler geeignet ist. Auch die Planungen zum Verfahren für den elektronischen Einkommensnachweis ELENA sehen zumindest für einen Übergangszeitraum den Verzicht auf die qualifizierte elektronische Signatur vor. Einer derartigen Fehlentwicklung muss mit Nachdruck entgegengetreten werden.

Obwohl Signatur- und Authentisierungsverfahren mit der asymmetrischen Verschlüsselung vergleichbare technische Verfahren nutzen, unterscheiden sie sich im Inhalt ihrer Aussagen und müssen unterschiedliche Rechtsfolgen für die Nutzenden nach sich ziehen. Der grundlegende Unterschied dieser Verfahren muss sowohl bei der Planung als auch bei ihrem Einsatz in Verwaltungsverfahren berücksichtigt werden.

Elektronische Signaturen liefern Aussagen über elektronische Dokumente, insbesondere über deren Authentizität und Integrität. Ausschließlich die qualifizierte elektronische Signatur ist durch rechtliche Regelungen der eigenhändigen Unterschrift in weiten Bereichen gleichgestellt und dient dem Nachweis der Echtheit elektronischer Dokumente. Zudem sind nur Verfahren zur Erzeugung elektronischer Signaturen rechtlich geregelt und sicherheitstechnisch genau definiert.

Authentisierungsverfahren liefern hingegen lediglich eine Aussage über die Identität einer Person oder einer Systemkomponente. Solche Verfahren sind beispielsweise zur Authentifizierung einer Person oder eines IT-Systems gegenüber Kommunikationspartnern oder zur Anmeldung an einem IT-System geeignet. Die hierbei ausgetauschten Informationen unterliegen in der Regel nicht dem Willen und dem Einfluss der Rechnernutzenden bzw. der Kommunikationspartner und beziehen sich ausschließlich auf den technischen Identifizierungsprozess. Daher dürfen an die Authentizität und Integrität solcher Daten nicht die gleichen Rechtsfolgen geknüpft werden wie an eine qualifizierte elektronische Signatur.

Die Aufrechterhaltung der unterschiedlichen Funktionalität und Verbindlichkeit von Signatur und Authentisierung liegt sowohl im Interesse von Bürgerinnen und Bürgern als auch der Verwaltung und ist rechtlich geboten. Die unsachgemäße Anwendung oder in Kauf genommene Funktionsvermischung dieser Verfahren mindert die Transparenz, die Sicherheit und die Verlässlichkeit bei der elektronischen Datenverarbeitung.

Darüber hinaus sind erhebliche Nachteile für die Nutzenden zu erwarten.

Wird ein Authentisierungsschlüssel zum Signieren verwendet,

  • kann fälschlicher Weise behauptet werden, dass Nutzende elektronische Dokumente signiert haben; da sie das Gegenteil nicht beweisen können, müssen sie befürchten, die damit verbundenen Rechtsfolgen tragen zu müssen,
  • besteht die Möglichkeit, dass Authentisierungsverfahren (Single Sign On, Challenge Response etc.) gezielt missbräuchlich verwendet werden,
  • wird den Nutzenden keine "Warnfunktion" mehr angeboten wie bei der ausschließlichen Verwendung des Signaturschlüssels zum Signieren und
  • sind die Verfahren und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Nutzenden nicht mehr transparent.

Vor diesem Hintergrund fordert die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder, dass der Gesetzgeber weder ungeeignete noch weniger sichere Verfahren zulässt. Dies bedeutet, dass

  • Nutzenden die Möglichkeit eröffnet werden muss, die elektronische Kommunikation mit der Verwaltung durch eine qualifizierte elektronische Signatur abzusichern,
  • immer dann Signaturverfahren eingesetzt werden müssen, wenn Aussagen über Dokumente oder Nachrichten gefordert sind und Authentisierungsverfahren nur dort verwendet werden dürfen, wo es um Aussagen über eine Person oder eine Systemkomponente geht,
  • die Transparenz der Verfahren und die Nutzbarkeit der Authentisierungsfunktion erhalten bleiben müssen.

Die Datenschutzbeauftragten appellieren darüber hinaus an die Verantwortlichen in der Verwaltung und bei den Projektträgern, gemeinsam die offenen Fragen beim Einsatz der qualifizierten elektronischen Signatur zu lösen und insbesondere die Entwicklung interoperabler, ökonomischer Verfahren zur Prüfung qualifizierter elektronischer Signaturen zu unterstützen. Hierfür ist die konstruktive Zusammenarbeit der Verantwortlichen von großen Anwendungsverfahren wie Elster Online, ELENA und Elektronische Gesundheitskarte unabdingbar.

Die Bundesregierung sollte verstärkt die Einführung von Verfahren mit qualifizierter elektronischer Signatur unterstützen, weil diese Verfahren für die sichere und authentische Kommunikation zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Verwaltung besonders geeignet sind. Die qualifizierte elektronische Signatur muss eine zentrale Komponente in eGovernment-Anwendungen sein, und darf nicht durch ungeeignete oder weniger sichere Verfahren ersetzt werden. Die Bundesregierung sollte daher die Verbreitung von Chipkarten mit qualifiziertem Zertifikat fördern. Erst der flächendeckende Einsatz von qualifizierten elektronischen Signaturen ermöglicht niedrige Kosten bei der Bereitstellung der Karten und führt darüber hinaus zu rationellen und somit kostengünstigen Verwaltungsabläufen.