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Ent­schlie­ßung der 50. Kon­fe­renz der Da­ten­schutz­be­auf­trag­ten des Bun­des und der Län­der am 9./10. No­vem­ber 1995 in Bre­men

Da­ten­schutz bei elek­tro­ni­schen Geld­bör­sen und an­de­ren kar­ten­ge­stütz­ten Zah­lungs­sys­te­men

Die Da­ten­schutz­be­auf­trag­ten des Bun­des und der Län­der hal­ten es für drin­gend er­for­der­lich, daß bei kar­ten­ge­stütz­ten Zah­lungs­sys­te­men, die zu­neh­mend in Kon­kur­renz zum Bar­geld tre­ten, da­ten­schutz­freund­li­che Ver­fah­ren ein­ge­setzt wer­den. Dabei bie­tet es sich an, vor allem Gut­ha­ben­kar­ten zu ver­wen­den. Es soll­ten nur sol­che Clea­ring­ver­fah­ren ein­ge­setzt wer­den, die weder eine in­di­vi­du­el­le Kar­ten­num­mer be­nut­zen noch einen an­de­ren Bezug zum Kar­ten­in­ha­ber her­stel­len.

So­wohl im öf­fent­li­chen Per­so­nen­nah­ver­kehr als auch bei der Deut­schen Bahn AG kön­nen Fahr­schei­ne bar­geld­los er­wor­ben wer­den. Auch Au­to­fah­rer kön­nen auf Bar­geld ver­zich­ten: Beim Par­ken, beim Tan­ken, künf­tig auch bei der Be­nut­zung von Au­to­bah­nen wird ver­stärkt auf elek­tro­ni­sches Be­zah­len zu­rück­ge­grif­fen. Immer mehr Te­le­fo­ne und Wa­ren­au­to­ma­ten wer­den auf bar­geld­lo­se Zah­lungs­ver­fah­ren um­ge­stellt, so daß viele Ar­ti­kel des täg­li­chen Be­darfs elek­tro­nisch be­zahlt wer­den kön­nen. Von Kre­dit­in­sti­tu­ten wird die Kom­bi­na­ti­on ver­schie­de­ner An­wen­dun­gen auf einer Karte an­ge­strebt, z. B. mit einer Kom­bi­na­ti­on der Be­zah­lung für den öf­fent­li­chen Nah­ver­kehr, Park­ge­büh­ren und Be­nut­zungs­ent­gel­te für öf­fent­li­che Ein­rich­tun­gen.

Zum elek­tro­ni­schen Be­zah­len wer­den ent­we­der Kre­dit­kar­ten, De­bit­kar­ten oder Gut­ha­ben­kar­ten ein­ge­setzt. Bei Kredit-​ und De­bit­kar­ten wer­den sämt­li­che Zah­lungs­be­trä­ge ver­bucht, dem Käu­fer in Rech­nung ge­stellt, auf den Kon­to­aus­zü­gen aus­ge­druckt und für min­des­tens 6 Jahre ge­spei­chert. Da­ge­gen wird bei Gut­ha­ben­kar­ten im vor­aus ein Gut­ha­ben ein­ge­zahlt und bei jeder ein­zel­nen Zah­lung das Gut­ha­ben ent­spre­chend her­ab­ge­setzt; die Zah­lungs­be­trä­ge müs­sen kei­nem Käu­fer zu­ge­ord­net wer­den.

Beim elek­tro­ni­schen Be­zah­len ent­ste­hen sehr un­ter­schied­li­che Da­ten­schutz­ri­si­ken. Bei Kredit-​ und De­bit­kar­ten be­steht die Ge­fahr, daß die aus Ab­rech­nungs­grün­den ge­spei­cher­ten per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten aus­ge­wer­tet und zweck­ent­frem­det ge­nutzt wer­den: In­for­ma­tio­nen über den Kauf von Fahr­schei­nen oder über die Nut­zung von Au­to­bah­nen kön­nen zu den Be­we­gungs­pro­fi­len ver­dich­tet wer­den. Das Kon­sum­ver­hal­ten des ein­zel­nen wird bis ins De­tail nach­voll­zieh­bar, falls auch Klein­ein­käu­fe am Kiosk nach­träg­lich ab­ge­rech­net wer­den. Durch den Da­ten­ver­kauf für Wer­bung und Mar­ke­ting kön­nen sich wei­te­re Ri­si­ken er­ge­ben. Dem­ge­gen­über kann bei der Ver­wen­dung von Gut­ha­ben­kar­ten auf das Spei­chern personen-​ oder kar­ten­be­zo­ge­ner Daten aus er­folg­ten Zah­lun­gen ver­zich­tet wer­den.

Vor allem in Klein­geld­be­rei­chen ist die Nut­zung von Debit-​ und Kre­dit­kar­ten ent­behr­lich, da fäl­schungs­si­che­re Gut­ha­ben­kar­ten auf der Basis von Chip­kar­ten mit in­te­grier­tem Ver­schlüs­se­lungs­bau­stein zur Ver­fü­gung ste­hen. Falls grö­ße­re Geld­be­trä­ge nach­träg­lich per Kredit-​ oder De­bit­kar­te be­zahlt wer­den, ist dar­auf zu ach­ten, daß die Ab­rech­nung zu­nächst über Kon­ten er­folgt, deren In­ha­ber dem Zah­lungs­emp­fän­ger nicht nam­haft ge­macht wird. Erst bei Zah­lungs­un­re­gel­mä­ßig­kei­ten ist es not­wen­dig, den Bezug zum Kon­to­in­ha­ber her­zu­stel­len.

An­ge­sichts der Ri­si­ken, aber auch der von Chip­kar­ten aus­ge­hen­den Chan­cen, for­dern die Da­ten­schutz­be­auf­trag­ten die Kar­ten­her­aus­ge­ber und die Kre­dit­wirt­schaft dazu auf, kar­ten­ge­stütz­te Zah­lungs­sys­te­me zu ent­wi­ckeln, die mög­lichst ohne per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten aus­kom­men, und deren An­wen­dung so zu ge­stal­ten, daß ein karten-​ und damit per­so­nen­be­zo­ge­nes Clea­ring nicht er­folgt. Der Ge­setz­ge­ber muß si­cher­stel­len, daß auch in Zu­kunft die Mög­lich­keit be­steht, im wirt­schaft­li­chen Leben im glei­chen Um­fang wie bis­her an­onym zu blei­ben.