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Entschließung der 67. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder am 25./26. März 2004 in Saarbrücken

Übermittlung von Flugpassagierdaten an die US-Behörden

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder bestärken die Bundesregierung darin, sich für Verbesserungen des Datenschutzes bei der Übermittlung von Flugpassagierdaten an die Zoll- und Sicherheitsbehörden der USA einzusetzen.

Durch einseitigen Rechtsakt haben die USA die Fluggesellschaften, die ihr Land anfliegen, unter Androhung teilweise empfindlicher Strafen verpflichtet, den US-Zoll- und Sicherheitsbehörden den Zugang zu ihren Reservierungsdatenbanken zu eröffnen, um anhand der darin enthaltenen Informationen über die Fluggäste mögliche terroristische oder kriminelle Aktivitäten frühzeitig zu erkennen. In den Reservierungsdatenbanken halten die an der Reisedurchführung beteiligten Stellen alle Informationen fest, die sie benötigen, um die Flugreise abzuwickeln. Es werden z.B. Name, Reiseverlauf, Buchungsstelle, Art der Bezahlung, bei Zahlung mit Kreditkarte deren Nummer, Sitzplatz, Essenswünsche, notwendige Reisevorkehrung wegen einer Erkrankung eines Fluggastes, Hotel- und Mietwagenreservierungen im Buchungssystem gespeichert. Teilweise sind die gespeicherten Daten sensitiv, weil sie Rückschlüsse auf die Gesundheit einzelner Fluggäste oder religiöse oder politische Anschauungen ermöglichen.

Die US-Zollbehörden wollen alle Reservierungsdaten mindestens 3,5 Jahre speichern ungeachtet der Tatsache, ob gegen eine Person ein Verdachtsmoment vorlag oder nicht. Passagierdaten, die im Einzelfall überprüft wurden, sollen zudem weitere 8 Jahre gespeichert werden.

Die Datenschutzbeauftragten verkennen nicht, dass nach den Ereignissen des 11. Septembers 2001 ein erhöhtes Bedürfnis nach Sicherheit im Flugverkehr offensichtlich ist. Sie verschließen sich deshalb keineswegs Forderungen, die auf eine sichere Identifikation der Fluggäste zielen. Dennoch muss festgestellt werden, dass die Forderungen der USA weit über das hinausgehen, was erforderlich ist. Da die Reservierungsdatenbanken nicht für Sicherheitszwecke sondern zur Durchführung der Flugreisen angelegt werden, enthalten sie auch eine Vielzahl von Daten der Reisenden, die für eine Sicherheitsüberprüfung der Passagiere irrelevant sind.

Mit dem Zugriff ist wegen der teilweise hohen Sensibilität der Daten ein tiefer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen verbunden. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass die US-Behörden hier aufgrund US-amerikanischen Rechts auf Datenbanken außerhalb ihres Hoheitsbereichs zugreifen. Die betroffenen Personen werden gegenüber dem Zugriff auf ihre Daten durch eine ausländische Stelle in ihren Datenschutzrechten weitgehend schutzlos gelassen. Ein vergleichbares Ansinnen deutscher Sicherheitsbehörden wäre schwerlich mit unserer Verfassung vereinbar.

Die Problematik kann sich weiter verschärfen, wenn die USA die Passagierdaten zukünftig auch im sog. CAPPS II - System einsetzen wollen. Dieses System ermöglicht sowohl einen automatisierten Abgleich mit Fahndungslisten als auch mit Informationen aus dem privaten Sektor. Insbesondere sollen Kreditkarten- und Adressdaten mit Informationen aus der Kreditwirtschaft abgeglichen werden.

Die Europäische Kommission bemüht sich seit über einem Jahr in Verhandlungen darum, den Datenzugang der US-Behörden auf ein angemessenes Maß zu beschränken. Leider führten die Verhandlungen nur in Teilbereichen zum Erfolg. Die erzielten Ergebnisse in ihrer Gesamtheit gewähren den Reisenden keinen angemessenen Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte. Dies hat die Gruppe nach Art. 29 der europäischen Datenschutzrichtlinie (EG-DSRL) in ihrer Stellungnahme vom 29.01.2004 deutlich herausgearbeitet.

Die darin vertretenen Positionen werden von den Datenschutzbeauftragten ausdrücklich unterstützt. Dennoch beabsichtigt die Europäische Kommission das Ergebnis ihrer Verhandlungen als einen angemessenen Datenschutzstandard förmlich anzuerkennen. Die Datenschutzbeauftragten appellieren an die Bundesregierung, sich gegen diese Entscheidung der Kommission zu wenden. Wenn die Kommission diesen unbefriedigenden Verhandlungsergebnissen ein angemessenes Datenschutzniveau attestiert, setzt sie damit Maßstäbe sowohl für die Auslegung der EU-Datenschutzrichtlinie als auch für Verhandlungen mit anderen Staaten über die Anerkennung des dortigen Datenschutzniveaus. Die Bundesregierung sollte sich demgegenüber für eine Lösung einsetzen, die Sicherheitsaspekte und den Schutz der Persönlichkeitsrechte in ein angemessenes Verhältnis setzt. Insbesondere sind die Informationen ausdrücklich zu benennen, die für die Passagieridentifikation benötigt werden. Diese Daten können zu einem angemessenen Zeitpunkt vor dem Abflug bereitgestellt werden. Ein unmittelbarer pauschaler Zugriff auf europäische Datenbanken, wie er zurzeit praktiziert wird, muss ausgeschlossen werden.