Entschließung der 78. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder am 8. und 9. Oktober 2009 in Berlin
Aktueller Handlungsbedarf beim Datenschutz - Förderung der Datenschutzkultur
Zunehmende Überwachung und die ausufernde Verknüpfung von Daten in Staat und Wirtschaft gefährden unser aller Persönlichkeitsrecht. Zusätzliche Herausforderungen ergeben sich aus der technologischen Entwicklung und der Sorglosigkeit der Bürgerinnen und Bürger.
Das aus den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts stammende Datenschutzrecht stellt längst keinen wirksamen Schutz mehr dar. Dies gilt ungeachtet der punktuellen Anpassungen, die das Bundesdatenschutzgesetz seither erfahren hat.
Zu Beginn der neuen Legislaturperiode des Deutschen Bundestags fordert die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder eine Generalrevision des Datenschutzrechts, einschließlich der jüngsten Novellierung zum Adresshandel.
Die Konferenz hält es insbesondere für erforderlich:
- Das Datenschutzrecht an die Herausforderungen neuer Technologien anzupassen und dabei z. B. die Rechte der Betroffenen bei der Nutzung des Internets, insbesondere auf Löschung ihrer Daten, zu verbessern;
- die Integrität und Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme zu gewährleisten;
- ein Beschäftigtendatenschutzgesetz zu erlassen und dabei vor allem die Überwachung am Arbeitsplatz effektiv zu begrenzen;
- die Vorratsdatenspeicherung und Online-Durchsuchung zurückzunehmen;
- die übrigen in den letzten Jahren verschärften Einschränkungen der Grundrechte durch Sicherheitsgesetze des Bundes und der Länder kritisch zu überprüfen;
- auf europäischer und internationaler Ebene auf hohe datenschutzrechtliche Grundstandards hinzuwirken und z. B. den verdachtslosen Zugriff auf Fluggast- und Bankdaten zurückzuweisen;
- im Fall der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte die Betroffenenrechte umfassend zu realisieren;
- die Videoüberwachung in Staat und Gesellschaft einzuschränken;
- den Schutz der Meldedaten zu verbessern;
- ein praktikables Datenschutzaudit zu schaffen;
- die Datenschutzaufsichtsbehörden so auszugestalten, dass sie ihre Kontroll- und Beratungsaufgaben unabhängig und effektiv wahrnehmen können.
Datenschutz kann jedoch nicht nur verordnet, er muss auch gelebt werden. Dies setzt eine Datenschutzkultur in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft voraus, die gepflegt und weiterentwickelt werden muss.
Die Konferenz spricht sich deshalb dafür aus, den Datenschutz auch als Bildungsaufgabe zu verstehen. Sie fordert Staat, Wirtschaft und Gesellschaft auf, ihre entsprechenden Bildungsanstrengungen zu verstärken. Ziel muss es sein, die Fähigkeit und Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, zu fördern, verantwortungsvoll mit ihren eigenen Daten und respektvoll mit den Daten anderer Menschen umzugehen.