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Entschließung der 89. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder am 18./19. März 2015 in Wiesbaden

IT-Sicherheitsgesetz nicht ohne Datenschutz!

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder sieht Informationssicherheit als eine Grundvoraussetzung an, um die Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung sowie auf Gewährleistung der Integrität und Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme und das Telekommunikationsgeheimnis zu wahren.

Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf für ein IT-Sicherheitsgesetz (BT-Drs. 18/4096 v. 25.02.2015) soll dazu beitragen, die Sicherheit informationstechnischer Systeme bei kritischen Infrastrukturen zu verbessern. Der Ausbau des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu einer nationalen Zentrale für Informationssicherheit, die Festlegung von Sicherheitsstandards, die Pflicht zur Sicherheitsvorsorge in Unternehmen sowie die Melde- und Benachrichtigungspflichten bei sicherheitsrelevanten Vorfällen sollen dabei wichtige Bausteine einer nationalen Strategie für mehr Informationssicherheit sein.

Datenschutz und Informationssicherheit haben weitreichende Schnittmengen, nehmen in einzelnen Bereichen jedoch unterschiedliche Gewichtungen vor. Bei einer Gesamtabwägung darf es nicht zu einer Unterordnung oder gar Missachtung der grundrechtlich verankerten Bestimmungen des Datenschutzrechts kommen. Auch um das Vertrauen der Bevölkerung in die Gesetzgebung zur IT-Sicherheit zu stärken, muss ein beiden Seiten gerecht werdender Abwägungs- und Abstimmungsprozess deutlich zum Ausdruck kommen. Dies gilt sowohl bei der Festlegung von Sicherheitsstandards, als auch bei der Beurteilung von Einzelfällen.

Wenn Maßnahmen zur Erhöhung der Informationssicherheit ergriffen werden, geht damit in vielen Fällen auch eine Verarbeitung personenbezogener Daten einher. Die damit verbundenen Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie in das Telekommunikationsgeheimnis müssen gesetzlich auf das unabdingbar Erforderliche beschränkt werden. Es muss im Gesetz klar geregelt sein, welche personenbezogenen Daten im Rahmen der IT-Sicherheitsmaßnahmen von wem für welche Zwecke erhoben, verarbeitet und gespeichert werden dürfen. Diesen Anforderungen genügt der vorliegende Entwurf nicht. So fehlen Regelungen, die verpflichteten Unternehmen Klarheit über die Notwendigkeit und Zulässigkeit bestimmter Angriffspräventions- und -erkennungssysteme geben. Regeln zur Zweckbindung erhobener Daten sind nur für das BSI vorgesehen. Vorgaben zur Datensparsamkeit etwa durch Anonymisierung, Pseudonymisierung, frühzeitiges Löschen und Abschotten sind bei den vorgesehenen Maßnahmen zur Verbesserung der Informationssicherheit bisher nicht geplant.

Die Informationssicherheit darf nicht allein den Behörden im Direktionsbereich des Bundesministeriums des Innern überlassen bleiben, die bei einer Abwägung zwischen Informationssicherheit einerseits und klassischer Gefahrenabwehr und Strafverfolgung andererseits Interessenkonflikten ausgesetzt sein könnten. Die Beteiligung unabhängiger Datenschutzbehörden ist daher gefordert.

Neben der Zuständigkeit des BSI für die Informationssicherheit muss im Gesetzentwurf auch die Zuständigkeit der Datenschutzaufsichtsbehörden für Fragen der Geeignetheit und Angemessenheit der vom Datenschutzrecht geforderten technisch-organisatorischen Maßnahmen mit in den Blick genommen werden. Insofern sind die Datenschutzaufsichtsbehörden auch an der Festlegung von Informationssicherheitsstandards beteiligt und müssen daher in die Meldewege eingebunden und bei der Beratung der Beteiligten im Sinne des o.g. Abwägungsprozesses zwischen Informationssicherheits- und Datenschutzmaßnahmen beteiligt werden. Zudem kann mit der Pflicht zur Meldung erheblicher IT-Sicherheitsvorfälle an das BSI eine datenschutzrechtliche Meldeplicht von Datenpannen verbunden sein, woraus auch eine rechtliche Einbindung der Datenschutzaufsichtsbehörden in die Meldewege resultiert. Dies setzt unabhängige und leistungsfähige Datenschutzaufsichtsbehörden und deren entsprechende Ausstattung voraus.

Die Bestrebungen nach mehr IT-Sicherheit dürfen sich nicht allein auf die Verabschiedung eines IT-Sicherheitsgesetzes beschränken. Das Grundrecht auf Gewährleistung der Integrität und Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme enthält einen objektiven Auftrag an den Staat, für vertrauenswürdige und sichere IT-Infrastrukturen zu sorgen. Dabei kommt der Weiterentwicklung und Implementierung von Verfahren eine zentrale Funktion zu, die gleichzeitig eine starke Verschlüsselung und eine effektive Erkennung von Sicherheitsvorfällen ermöglichen.