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Entschließung der 92. Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder am 9. und 10. November 2016 in Kühlungsborn

Gemeinsame Prüfung der Falldatei Rauschgift deckt gravierende Mängel auf

Konsequenzen für polizeiliche Datenverarbeitung notwendig

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder1) Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein- Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben parallel die bundesweit geführte „Falldatei Rauschgift“ (FDR) datenschutzrechtlich geprüft.

Die FDR ist eine bundesweite Verbunddatei, in der Informationen über sichergestellte Drogen und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz gespeichert werden. Sie wird auf Grundlage des Bundeskriminalamtgesetzes (BKAG) zentral beim Bundeskriminalamt geführt. Die Polizeien aller Länder und die Zollfahndung haben Zugriff auf die Datei und können direkt Daten einspeichern und abrufen. Die Datenschutzbeauftragten haben im Rahmen ihrer Kontrollen sowohl die Struktur der Datei als auch Einzelspeicherungen überprüft.

Die Prüfung hat im Wesentlichen folgende Mängel aufgedeckt:

  • Vielfach haben die Behörden nicht ausreichend geprüft, ob die Voraussetzungen des § 2 BKAG (Straftat von länderübergreifender oder erheblicher Bedeutung) und des § 8 Abs. 2 BKAG (Negativprognose) vorliegen.
  • Verbreitet fehlt es an einer nachvollziehbaren Dokumentation des Vorliegens der gesetzlichen Speicherungsvoraussetzungen.
  • Dementsprechend fanden sich in der bundesweit abrufbaren Datei vielfach Speicherungen, die dem Bereich der Bagatellkriminalität zuzuordnen sind. Auch wurden Personen gespeichert, bei denen kein hinreichender polizeilicher Restverdacht festzustellen war.
  • Das Ergebnis des jeweiligen Strafverfahrens war bei vielen Einträgen nicht berücksichtigt – entweder aufgrund organisatorischer Mängel oder weil die nach

§ 482 Absatz 2 Strafprozessordnung (StPO) notwendige Mitteilung der Staatsanwaltschaft unterblieb.

Die Ergebnisse machen deutlich:

  1. Es ist wichtig, die konkrete Zwecksetzung jeder Datei in einer Errichtungsanordnung festzulegen. Die Voraussetzungen, wann welche Daten für den jeweiligen Zweck erforderlich sind und welcher Personenkreis erfasst werden darf, müssen genau definiert werden.
  2. Bagatellfälle in Verbunddateien zu speichern, ist auch im Hinblick auf die bundesweite Abrufbarkeit der Daten unverhältnismäßig.
  3. In der Praxis ist sicherzustellen, dass in Verbunddateien alle Speichervoraussetzungen, vor allem die Negativprognose, durchgehend und gründlich bezogen auf den jeweiligen Einzelfall dokumentiert werden.

Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder (DSK) fordert, nicht nur in der Falldatei Rauschgift die Mängel zu beheben. Vielmehr fordert sie die Einhaltung der grundlegenden Standards für jedwede Speicherung in Verbunddateien der Polizei. Erst recht ist dies erforderlich vor dem Einsatz der neuen Datei zur Betäubungsmittelkriminalität im Polizeilichen Informations- und Analyseverbund (PIAV), die voraussichtlich im kommenden Jahr die FDR ablösen wird. Die Daten aus der FDR dürfen nicht pauschal übernommen werden.

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1) bei Enthaltung Hamburgs