Menu
menu

Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 21. November 2003

Gravierende Verschlechterungen des Datenschutzes im Entwurf des neuen Telekommunikationsgesetzes

Die Bundesregierung hat am 15. Oktober 2003 den Entwurf für ein neues Telekommunikationsgesetz beschlossen. Dieser Entwurf sieht jetzt zwar - entsprechend der Forderung der Datenschutzbeauftragten - die vorläufige Beibehaltung der Unternehmensstatistik zu Überwachungsmaßnahmen vor; im übrigen enthält er aber gravierende Verschlechterungen des Datenschutzniveaus.

Insbesondere berechtigt der Gesetzentwurf die Diensteanbieter, grundsätzlich alle entstehenden Verkehrsdaten (also auch alle Zielrufnummern) unverkürzt bis zu sechs Monaten nach Versendung der Rechnung zu speichern. Damit wird ohne Not und ohne überzeugende Begründung eine Regelung aufgegeben, die bisher die Speicherung von verkürzten Zielrufnummern vorsieht, wenn die Kundinnen und Kunden sich nicht für die vollständige Speicherung oder vollständige Löschung entscheiden. Die bisherige Regelung berücksichtigt in ausgewogener Weise sowohl die Datenschutz- als auch die Verbraucherschutzinteressen der beteiligten Personen und hat sich in der Praxis bewährt. Vollends inakzeptabel ist die inzwischen vom Rechtsausschuss des Bundesrates vorgeschlagene Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung für sechs Monate. Gegen eine solche Regelung bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken.

Schon die von der Bundesregierung vorgeschlagene Regelung würde dazu führen, dass Millionen von Verkehrsdatensätzen selbst dann noch unverkürzt gespeichert bleiben und dem Zugriff anderer Stellen ausgesetzt sind, wenn die Diensteanbieter sie für ihre Abrechnungszwecke nicht mehr benötigen. Das im Entwurf weiterhin vorgesehene Recht der Kundinnen und Kunden, die Speicherung gekürzter Zielrufnummern oder ihre vollständige Löschung nach Rechnungsversand zu verlangen, wird daran wenig ändern, weil nur eine Minderheit es wahrnehmen wird. Die Beibehaltung des bisherigen angemessenen Datenschutzstandards sollte nicht von der Initiative der Betroffenen abhängig gemacht werden, sondern allen zugute kommen, die nicht ausdrücklich einer weitergehenden Speicherung zustimmen. Zudem sind die Rechte der angerufenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu berücksichtigen, in die durch eine Speicherung der unverkürzten Verkehrsdaten zusätzlich eingegriffen wird.

Die Datenschutzbeauftragten haben zudem stets die Zwangsidentifizierung beim Erwerb von vertragslosen (prepaid) Handys als gesetzwidrig kritisiert und sehen sich jetzt in dieser Auffassung durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 2003 (Az.: 6 C 23.02) bestätigt. Zugleich wenden sie sich gegen die mit der TKG-Novelle geplante Einführung einer derartigen Identifikationspflicht, die zu einer verdachtslosen Datenspeicherung auf Vorrat führen würde. Wer ein solches Handy kauft, gibt es häufig ab oder verschenkt es, und ist deshalb nicht identisch mit der Person, die das Handy nutzt. Deshalb bringen diese Daten keinen nennenswerten Informationsgewinn für die Sicherheitsbehörden.

Schließlich soll den Strafverfolgungsbehörden, der Polizei und den Nachrichtendiensten ohne Bindung an einen Straftatenkatalog oder einen Richtervorbehalt der Zugriff auf Passwörter, PINs, PUKs usw. eröffnet werden, mit denen die Inhalte oder nähere Umstände einer Telekommunikation geschützt werden. Dies würde die Möglichkeit eröffnen, von dieser Befugnis unkontrolliert Gebrauch zu machen. Die Befugnis dürfte zudem häufig ins Leere laufen, da die Anbieter diese Daten aus Gründen der Datensicherheit für sie selbst unlesbar verschlüsselt speichern.

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder fordern den Gesetzgeber auf, den Entwurf bei den bevorstehenden Beratungen in diesen sensiblen Punkten zu korrigieren und den gebotenen Schutz des Telekommunikationsgeheimnisses sicherzustellen.