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Ent­schlie­ßung der Kon­fe­renz der Da­ten­schutz­be­auf­trag­ten des Bun­des und der Län­der vom 9. Juni 2015

Gegen den Ge­setz­ent­wurf zur Vor­rats­spei­che­rung von Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ver­kehrs­da­ten be­stehen er­heb­li­che ver­fas­sungs­recht­li­che Be­den­ken

Mit der Vor­la­ge des „Ent­wurfs eines Ge­set­zes zur Ein­füh­rung einer Spei­cher­pflicht und einer Höchst­spei­cher­frist für Ver­kehrs­da­ten“ (BR-​Drs. 249/15) be­ab­sich­tigt die Bun­des­re­gie­rung, eine Vor­rats­spei­che­rung von Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ver­kehrs­da­ten für Zwe­cke der Straf­ver­fol­gung und der Ge­fah­ren­ab­wehr in Deutsch­land ein­zu­füh­ren.

Nach An­sicht der Kon­fe­renz der Da­ten­schutz­be­auf­trag­ten des Bun­des und der Län­der ist frag­lich, ob die­ser Ge­setz­ent­wurf den ver­fas­sungs­recht­li­chen und eu­ro­pa­recht­li­chen An­for­de­run­gen ge­nügt.

Schon vor­he­ri­ge Re­ge­lun­gen waren vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt und vom Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hof für un­wirk­sam er­klärt wor­den, weil un­zu­läs­sig in Grund­rech­te, ins­be­son­de­re in das Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­heim­nis und das Recht auf Ach­tung des Pri­vat­le­bens und auf Schutz per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten, ein­ge­grif­fen wurde.

Mit einer Vor­rats­da­ten­spei­che­rung wird mas­siv in Frei­heits­rech­te von allen Men­schen un­ab­hän­gig von einem kon­kre­ten Ver­dacht ein­ge­grif­fen. Des­halb müs­sen der­ar­ti­ge Maß­nah­men, die nur als ab­so­lu­te Aus­nah­me über­haupt zu­läs­sig sein kön­nen, einer stren­gen Erforderlichkeits-​ und Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­prü­fung un­ter­zo­gen und durch tech­ni­sche, or­ga­ni­sa­to­ri­sche und ver­fah­rens­recht­li­che Vor­keh­run­gen ab­ge­si­chert wer­den. Die Kon­fe­renz kann nicht er­ken­nen, dass die Re­ge­lun­gen grund­recht­li­chen An­for­de­run­gen ge­nü­gen. Dies gilt na­ment­lich für die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit Be­rufs­ge­heim­nis­trä­gern (z.B. Ab­ge­ord­ne­ten, Ärz­ten, Rechts­an­wäl­ten und Jour­na­lis­ten). Auch die Vor­ga­ben des Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hofs sind nicht voll­um­fäng­lich be­rück­sich­tigt.

Die Bun­des­re­gie­rung hat bis­her nicht hin­rei­chend be­grün­det, dass die Spei­che­rung von Standort-​ und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­da­ten er­for­der­lich ist, zumal die Gut­ach­ten des Max-​Planck-Instituts (2011) und des Wis­sen­schaft­li­chen Diens­tes des Deut­schen Bun­des­tags (2011) die Wirk­sam­keit der Maß­nah­me in Frage ge­stellt haben. Zudem wurde die ge­richt­li­che Vor­ga­be, hin­sicht­lich der Da­ten­ar­ten, deren Spei­cher­fris­ten und Ver­wen­dungs­zwe­cken zu dif­fe­ren­zie­ren, nur un­zu­rei­chend um­ge­setzt. Ein für der­art in­ten­si­ve Grund­rechts­ein­grif­fe aus­rei­chen­des Maß an Be­stimmt­heit fehlt, wenn un­be­stimm­te Recht­be­grif­fe (z.B. an­ge­mes­se­nes Ver­hält­nis oder ein be­son­de­res Schwer­wie­gen einer Tat) ver­wen­det wer­den und den Si­cher­heits­be­hör­den somit ein wei­ter Spiel­raum er­öff­net wird.

Der Ent­wurf sieht keine Eva­lu­ie­rung vor. Neue Maß­nah­men mit einem der­ar­ti­gen Ein­griffs­po­ten­ti­al soll­ten je­doch nach einer be­stimm­ten Frist von un­ab­hän­gi­ger Seite auf deren Wirk­sam­keit wie auch auf die Be­ein­träch­ti­gung von Grund­rech­ten be­wer­tet wer­den, um hier­aus ge­setz­ge­be­ri­sche Schlüs­se zu zie­hen.

Die Kon­fe­renz for­dert wegen der gro­ßen grund­recht­li­chen Be­deu­tung der Vor­rats­spei­che­rung von Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ver­kehrs­da­ten und wegen der Si­gnal­wir­kung einer deut­schen Re­ge­lung für Eu­ro­pa, dass der Vor­schlag der Bun­des­re­gie­rung in einem er­geb­nis­of­fe­nen Ver­fah­ren mit um­fas­sen­der Öf­fent­lich­keits­be­tei­li­gung er­ör­tert wird.