Landesbeauftragter für den Datenschutz Sachsen-Anhalt
Dr. Harald von Bose
Pressemitteilung
vom 14. September 2011
X. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz
Den X. Tätigkeitsbericht habe ich heute dem Landtagspräsidenten Detlef Gürth übergeben. Die Botschaft lautet: Datenschutz verstärken, damit die Freiheit gewahrt bleibt!
"Die Situation des Datenschutzes hat sich verändert. Das Internet, darunter rasante technische Entwicklungen wie Cloud Computing oder in der mobilen Kommunikation, aber auch die Eingriffsbefugnisse zur Terrorbekämpfung bringen neue Gefährdungen des Persönlichkeitsrechts mit sich. Der Datenschutz muss verstärkt werden, damit die Freiheit gewahrt bleibt!" sagte der Datenschutzbeauftragte des Landes Sachsen-Anhalt, Dr. Harald von Bose, anlässlich der Vorstellung seines X. Tätigkeitsberichts.
Der Bericht umfasst den Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. März 2011 und bezieht aktuelle Entwicklungen bis zum Sommer noch mit ein. Er fasst die Beratungs- und Kontrollarbeit des Landesbeauftragten und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seiner Geschäftsstelle zusammen. Er dient zugleich der Öffentlichkeitsarbeit und ist auch mittels vieler anschaulicher Einzelbeispiele, Hinweise und Fundstellen eine Handreichung für Behörden und behördliche Datenschutzbeauftragte. Im Anlagenteil sind Entschließungen der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder sowie Europäischen und Internationalen Datenschutzkonferenz zu zahlreichen datenschutzpolitischen Grundsatzthemen und kritisch kommentierten Vorhaben aufgenommen.
Der Datenschutz muss angesichts der Entwicklungen zumal im und durch das Internet (vgl. Nrn. 1.3, 1.3.1 - 1.3.4) neu gedacht werden. Dies betrifft die Bereiche Recht, Technik, Bildung bzw. Medienkompetenz und Kontrolle. Daher bedarf das Datenschutzrecht einer Modernisierung. In diesem Zusammenhang hat sich der Landesbeauftragte an Vorschlägen der Datenschutzkonferenz auf nationaler und europäischer Ebene beteiligt (Nrn. 3.1 und 3.2). So genügt es nicht, auf Selbstregulierungsansätze der Wirtschaft wie auch der Sozialen Netzwerke zu setzen, da dann der Grundrechtsschutz, der dem Staat bzw. Gesetzgeber obliegt, zu kurz kommt. Verbraucher-, Arbeitnehmer- und Minderjährigenschutz bedürfen klarerer Regelungen. Auch das Landesrecht bedarf der materiellen Novellierung (Nr. 3.1.1).
Die Landesregierung wird auch bei der Umsetzung ihrer neuen IT-Strategie (vgl. Nr. 4.1), der Umsetzung der Beschlüsse des IT-Planungsrates (vgl. Nr. 4.2) sowie bei der Neuausrichtung und der Übernahme der Verantwortlichkeiten für die IT-Strategie, das E-Government und den zentralen IT-Dienstleister (Landesrechenzentrum) durch das Ministerium der Finanzen (vgl. Nr. 4.3) den Datenschutz zu beachten haben. Durch eine rechtzeitige Beteiligung des Landesbeauftragten bei diesen zentralen Vorhaben und Planungen der Landesregierung kann so ein vorgezogener Grundrechtsschutz gewährleistet werden. Die mit Beginn der 6. Wahlperiode erfolgte Bündelung dieser Verantwortlichkeiten in einem Ressort und die erstmalige Ernennung eines "IT-Beauftragten der Landesregierung" (CIO) bilden nach Meinung des Landesbeauftragten hierfür gute Voraussetzungen. Am Bekenntnis zur Beachtung des Datenschutzes wird die zukünftige E-Government-Strategie der Landesregierung zu messen sein (vgl. Nr. 4.4).
Das auch vom Landesbeauftragten angestoßene Konzept des Kultusministeriums zur Medienkompetenzbildung bedarf einer intensiveren, verbindlichen und nachhaltigen Umsetzung (Nr. 21.2).
Der Datenschutz muss auch in Sachsen-Anhalt neu aufgestellt werden. Die auf den Landesbeauf-tragten zum 1. Oktober zukommende zusätzliche Aufgabe der Datenschutzaufsicht über den privaten Bereich wird nur mit einer erheblichen Verstärkung des Personals effektiv zu leisten sein. Damit würde die materielle Unabhängigkeit gewahrt und zugleich der Stellenwert des Datenschutzes deutlich werden (Nr. 3.2).
Zu grundlegenden Aussagen zur Entwicklung und Situation des Datenschutzes wird auf die Nrn. 1, 1.1, 1.2, 1.3, 1.4 verwiesen.
Zehn Jahre nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ist es an der Zeit, die vorhandenen Eingriffsbefugnisse zur Terrorbekämpfung ernsthaft zu evaluieren und von weiteren anlasslosen Speicherungen Abstand zu nehmen. Insofern kann auch eine Vorratsdatenspeicherung im Bereich der Telekommunikation nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom März 2010 nicht ohne Schaden für die Grundrechte einfach wieder eingeführt werden (vgl. Nrn. 1.1, 20.3, 25.1 und auch 19.2). "Datenschutz und Demokratie gehören zusammen - der Präventionsstaat schwächt die Privatsphäre, darunter leidet die Demokratie."
Eine besondere Initiative im Berichtszeitraum betraf Querschnittskontrollen in Kommunen. Daran schloss sich die Veröffentlichung einer Broschüre zum Datenschutzmanagement an. Denn der Landesbeauftragte hat bei Kontrollen festgestellt, dass bei den Behörden die Kenntnisse über Grundsätze, Verfahren und Organisation des Datenschutzes und ein insoweit notwendiges Problem- und Verantwortungsbewusstsein nicht immer hinreichend ausgeprägt sind. Dies hat dann oft zur Folge, dass die gebotene Umsetzung von Maßgaben des Datenschutzes und der Datensicherheit nur unzureichend gelingt (Nr. 2.1). "Datenschutz ist Führungsaufgabe jeder Behördenleitung", betont der Landesbeauftragte weiter.
Die Zahl der Eingänge und Anfragen ist weiter gewachsen (vgl. Nr. 2.1). Bei den Petenteneingaben ist ein Anstieg um ca. 25 % zu verzeichnen.
Schwerpunkte in den Jahren 2009 bis 2011 betrafen (vgl. Nr. 2.2):
- Unzulässige Speicherung von Daten Minderjähriger durch den Verfassungsschutz (Nr. 26.2)
- Rechtswidrige Datenarchivierung bei der Polizeidirektion Ost in Bezug auf Zweck, Dauer und Umfang der Daten (Nr. 19.1)
- JVA Burg (Nrn. 24.1 und 24.2) - Bei einem Informations- und Kontrollbesuch stellte der Landesbeauftragte datenschutzrechtliche Mängel fest. Dies gilt z.B. für den Bereich der Videoüberwachung. Die Datenverarbeitung durch den privaten Dienstleister ist einzuschränken. Das seit 2007 angekündigte Datenschutzkonzept hat das Justizministerium noch nicht vorgelegt.
- Prüfung der Landtagsverwaltung in Bezug auf die Aufwandsentschädigungen der Abgeordneten durch den Landesrechnungshof (Nr. 17.1) - Eine größere Transparenz des Prüfungsgeschehens wäre wünschenswert gewesen. Der Landesbeauftragte hat auf die notwendige Beachtung des besonderen Status des Abgeordnetenmandats hingewiesen.
- Zensus 2011 (Nrn. 23.1 ff.) - Der Landesbeauftragte hat auf die Gesetzgebung eingewirkt und das Statistische Landesamt bei der Vorbereitung der Volks- und Wohnungszählung eng begleitet und konkrete Verbesserungen erreicht.
Der Bundesgesetzgeber hat für diejenigen Fälle, in denen eine nachträgliche Sicherungsverwahrung nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht mehr möglich war, ein Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter erlassen. Bei einer Anhörung im Landtag zum Entwurf des Landesausführungsgesetzes monierte der Landesbeauftragte die inkohärente Anwendung von Datenverarbeitungsregelungen des Maßregelvollzugsgesetzes (vgl. Nr. 24.4), das im Tätigkeitszeitraum ebenfalls ein wichtiger Beratungsgegenstand war (vgl. Nr. 12.4). Im Zuge der Neuregelung der Sicherungsverwahrung kann die Führungsaufsicht den Einsatz der sog. elektronischen Fußfessel zur Überwachung des Aufenthalts entlassener Straftäter anordnen. Die Fußfessel soll auch in Sachsen-Anhalt zum Einsatz kommen. Jedoch wurde das Projekt dem Landesbeauftragten bisher durch das Justizministerium nicht vorgestellt (Nr. 24.4).
Der Tätigkeitsbericht liegt als Landtagsdrucksache 6/398 vor und kann auch telefonisch oder schriftlich bestellt werden oder über die Homepage des Landesbeauftragten bezogen werden.
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Landesbeauftragter für den Datenschutz Sachsen-Anhalt
Dr. Harald von Bose
Leiterstr. 9, 39104 Magdeburg, Postanschrift: PF 1947, 39009 Magdeburg
Telefon: 0391 81803-0, Telefax: 0391 81803-33, FreeCall: 0800 9153190 (nur in Sachsen-Anhalt)
www.datenschutz.sachsen-anhalt.de
www.informationsfreiheit.sachsen-anhalt.de
E-Mail: poststelle@lfd.sachsen-anhalt.de