Menu
menu

Lan­des­be­auf­trag­ter für den Da­ten­schutz
Sachsen-​Anhalt

Ber­li­ner Chaus­see 9, 39114 Mag­de­burg
Tel.: 81803-0
 Fax: 8180333

Pres­se­mit­tei­lung vom 17.02.2005

An­ge­sichts eines im Fe­bru­ar 2005 im Bun­des­rat von fünf Län­dern ein­ge­brach­ten Ge­set­zes­an­trags, nach wel­chem die DNA-​Analyse re­gel­mä­ßi­ger Be­stand­teil jeder er­ken­nungs­dienst­li­chen Be­hand­lung wer­den soll, hat die Kon­fe­renz der Da­ten­schutz­be­auf­trag­ten des Bun­des und der Län­der die bei­gefüg­te Ent­schlie­ßung ge­fasst.

Sie weist darin nach­drück­lich dar­auf hin, dass die DNA-​Analyse als staat­lich ver­an­lass­te Un­ter­su­chung am ge­ne­ti­schen Sub­strat von Men­schen nicht mit Maß­nah­men zur Iden­ti­täts­fest­stel­lung per Fin­ger­ab­druck ver­gleich­bar ist.

Sie ver­langt, dass bei allen Ver­än­de­run­gen in Bezug auf die DNA-​Analyse das Ver­hält­nis zwi­schen dem Rechts­ein­griff und der vor­ge­wor­fe­nen Straf­tat so ge­wahrt wird, wie es die Ver­fas­sung nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts ver­langt. Dies be­ach­tet die der­zei­ti­ge Bun­des­rats­in­itia­ti­ve nicht:

 

Ent­schlie­ßung der Kon­fe­renz der Da­ten­schutz­be­auf­trag­ten des Bun­des und der Län­der zur Bun­des­rats­in­itia­ti­ve meh­re­rer Län­der zur Aus­wei­tung der DNA-​Analyse

Keine Gleich­set­zung der DNA-​Analyse mit dem Fin­ger­ab­druck

Die straf­pro­zes­sua­le DNA-​Analyse ist - ins­be­son­de­re in Fäl­len der Schwerst­kri­mi­na­li­tät wie bei Tö­tungs­de­lik­ten - ein ef­fek­ti­ves Fahn­dungs­mit­tel. Dies hat zu For­de­run­gen nach der Aus­wei­tung ihres An­wen­dungs­be­reichs zur Iden­ti­täts­fest­stel­lung in künf­ti­gen Straf­ver­fah­ren ge­führt. So sieht ein Ge­set­zes­an­trag meh­re­rer Bun­des­län­der zum Bun­des­rats­ple­num vom 18. Fe­bru­ar 2005 die Strei­chung des Rich­ter­vor­be­halts und der ma­te­ri­el­len Er­for­der­nis­se einer An­lasstat von er­heb­li­cher Be­deu­tung sowie der Pro­gno­se wei­te­rer schwe­rer Straf­ta­ten vor.

Das zur Be­grün­dung der­ar­ti­ger Vor­schlä­ge her­an­ge­zo­ge­ne Ar­gu­ment, die DNA-​Analyse könne mit dem her­kömm­li­chen Fin­ger­ab­druck gleich­ge­setzt wer­den, trifft je­doch nicht zu:

Zum einen hin­ter­lässt jeder Mensch per­ma­nent Spu­ren­ma­te­ri­al z.B. in Form von Haut­schup­pen oder Haa­ren. Dies ist ein Grund für den Er­folg des Fahn­dungs­in­stru­ments „DNA-​Analyse“, weil sich Täter vor dem Hin­ter­las­sen von Spu­ren nicht so ein­fach schüt­zen kön­nen, wie dies bei Fin­ger­ab­drü­cken mög­lich ist. Es birgt aber - auch unter Be­rück­sich­ti­gung der ge­bo­te­nen vor­sich­ti­gen Be­weis­wür­di­gung - in er­höh­tem Maße die Ge­fahr, dass Un­be­tei­lig­te auf­grund zu­fäl­lig hin­ter­las­se­ner Spu­ren am Tat­ort un­be­rech­tig­ten Ver­däch­ti­gun­gen aus­ge­setzt wer­den oder dass sogar be­wusst DNA-​Material Drit­ter am Tat­ort aus­ge­streut wird.

Zum an­de­ren las­sen sich be­reits nach dem der­zei­ti­gen Stand der Tech­nik aus den sog. nicht-​codierenden Ab­schnit­ten der DNA über die Iden­ti­täts­fest­stel­lung hin­aus Zu­satz­in­for­ma­tio­nen ent­neh­men (Ver­wandt­schafts­be­zie­hun­gen, wahr­schein­li­che Zu­ge­hö­rig­keit zu eth­ni­schen Grup­pen, auf­grund der räum­li­chen Nähe ein­zel­ner nicht-​codierender Ab­schnit­te zu co­die­ren­den Ab­schnit­ten mög­li­cher­wei­se Hin­wei­se auf be­stimm­te Krank­hei­ten). Die Fest­stel­lung des Ge­schlechts ist be­reits nach gel­ten­dem Recht zu­ge­las­sen. Nicht ab­seh­bar ist schließ­lich, wel­che zu­sätz­li­chen Er­kennt­nis­se auf­grund des zu er­war­ten­den Fort­schritts der Ana­ly­se­tech­ni­ken zu­künf­tig mög­lich sein wer­den.

Mit gutem Grund hat daher das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt in zwei Ent­schei­dun­gen aus den Jah­ren 2000 und 2001 die Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit der DNA-​Analyse zu Zwe­cken der Straf­ver­fol­gung nur im Hin­blick auf die der­zei­ti­gen Vor­aus­set­zun­gen einer vor­an­ge­gan­ge­nen Straf­tat von er­heb­li­cher Be­deu­tung, einer Pro­gno­se wei­te­rer schwe­rer Straf­ta­ten und einer rich­ter­li­chen An­ord­nung be­jaht. Es hat be­son­ders ge­for­dert, dass diese Vor­aus­set­zun­gen auch nach den Um­stän­den des Ein­zel­falls ge­ge­ben sein müs­sen und von der Rich­te­rin oder dem  Rich­ter genau zu prü­fen sind.

Eine Pro­gno­se schwe­rer Straf­ta­ten und eine rich­ter­li­che An­ord­nung müs­sen im Hin­blick auf diese Recht­spre­chung und den schwer­wie­gen­den Ein­griff in das Recht auf in­for­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung, den die DNA-​Analyse dar­stellt, auch zu­künf­tig Vor­aus­set­zung einer der­ar­ti­gen Maß­nah­me blei­ben.

Die be­son­de­re Qua­li­tät die­ses Grund­rechts­ein­griffs muss auch im üb­ri­gen bei allen Über­le­gun­gen, die der­zeit zu einer mög­li­chen Er­wei­te­rung des An­wen­dungs­be­reichs der DNA-​Analyse an­ge­stellt wer­den, den Maß­stab bil­den; dies schließt eine Gleich­set­zung in der An­wen­dung die­ses be­son­de­ren Er­mitt­lungs­werk­zeugs mit dem klas­si­schen Fin­ger­ab­druck­ver­fah­ren aus.