Landesbeauftragter für den Datenschutz Sachsen-Anhalt
Dr. Harald von Bose
Pressemitteilung
vom 8. Juni 2005
VII. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz
Der Landesbeauftragte für den Datenschutz Sachsen-Anhalt, Dr. Harald von Bose, hat dem Landtag gemäß dem Auftrag aus Landesverfassung und Landesdatenschutzgesetz den Tätigkeitsbericht für den Zeitraum vom 1. April 2003 bis zum 31. März 2005 vorgelegt.
Der Bericht, der dem Landtagspräsidenten am 18. Mai 2005 übergeben wurde, liegt als Landtags-Drucksache 4/2189 vor und kann auch telefonisch oder schriftlich bestellt oder über die Homepage des Landesbeauftragten bezogen werden.
Der Bericht stellt gegenüber dem Landtag eine Zusammenfassung der in den beiden letzten Jahren geleisteten Beratungs- und Kontrollarbeit des Landesbeauftragten und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seiner Geschäftsstelle dar. Insofern ist es maßgeblich der Bericht von Klaus-Rainer Kalk, der nach den zwei gesetzlich möglichen Amtsperioden am 16. März 2005 aus dem Amt schied. Sein Nachfolger, Dr. Harald von Bose, wurde am 3. März 2005 vom Landtag zum neuen Landesbeauftragten für den Datenschutz gewählt.
Der Bericht dient zugleich der Öffentlichkeitsarbeit und ist auch mittels vieler anschaulicher Einzelbeispiele Handreichung für Behörden und behördliche Datenschutzbeauftragte.
In den Anlagen 1 bis 28 des Berichts sind Entschließungen der Konferenz der Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern zu zahlreichen wichtigen datenschutzpolitischen und datenschutzrechtlichen Grundsatzthemen und kritisch kommentierten Einzelvorhaben enthalten.
Der Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten enthält Schwerpunkte u.a. in den Bereichen Innere Sicherheit und Sozialwesen.
Der neue Landesbeauftragte hat in den einleitenden Ausführungen aktuelle und zukünftige Fragen der Datenschutzpolitik und des Datenschutzrechts behandelt (siehe Ziffer 1.):
Die Notwendigkeit einer effektiven Terrorismusabwehr (seit dem 11. September 2001) verleitet Gesetzgebung und Sicherheitsbehörden zu immer weitergehenden Forderungen und Maßnahmen und damit Einschränkungen des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung. Die Terrorabwehr dient als dauerhafte Pauschalrechtfertigung für zahlreiche tiefgehende Grundrechtsbeeinträchtigungen, zumal bei unbeteiligten und unbescholtenen Bürgern. Der Landesbeauftragte betrachtet diese Entwicklung vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit großer Sorge und sieht sich in seiner grundsätzlichen Kritik einig mit den anderen Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern. Die Urteile des Bundesverfassungsgerichts zur akustischen Wohnraumüberwachung und zum satellitengestützten Ortungssystem der Polizei bedürfen der Beachtung und Umsetzung in Bundes- und Landesrecht.
Der Kernbereich privater Lebensgestaltung muss der Einwirkung jeglicher staatlichen Gewalt entzogen bleiben. Ein Überwachungsstaat mit gläsernen Bürgern wäre nicht mehr Rechtsstaat. Das demokratische Gemeinwesen benötigt ein Vertrauensfundament, das nicht allein auf den Schutz der Bürger und deren Sicherheit abhebt. Auch Freiheit und informationelle Selbstbestimmung bedarf des Schutzes, des geschützten Raumes und im Falle von Einschränkungen grundsätzlich der vorherigen Unterrichtung.
Von daher steht der Landesbeauftragte auch dem Kontodatenabruf der Finanzämter und daneben auch von Sozialbehörden nach wie vor kritisch gegenüber (siehe Ziffern 8.1.2. und 8.1.3.).
Dies gilt auch für das Vorhaben der elektronischen Gesundheitskarte (Ziffer 10.2). Die rasante technische Entwicklung in der IuK-Technik beinhaltet Risiken, die nur zum Teil durch technische Schutzvorkehrungen minimiert werden können. Personenbezogene Daten, die ungeschützt ins Internet gestellt werden, sind uneinholbar in aller Welt (vgl. die unter Ziffern 14.4 und 18.12 dargestellten Fälle). Der Landesbeauftragte wird auch verstärkt technische Weiterentwicklungen im nicht-öffentlichen Bereich (auch wenn sich seine Kontrollbefugnis nur auf den öffentlichen Bereich beschränkt) beobachten, da diese Entwicklungen erfahrungsgemäß nach gewisser Zeit auf den staatlichen Bereich übergreifen; dazu zählt die Nutzung der funkwellengestützten RFID-Technik.
Allgemein ist in den Behörden des Landes das Datenschutzbewusstsein weiter gewachsen. Trotzdem gab es im Berichtszeitraum eine Reihe schwerwiegender Verstöße, in 3 besonders gravierenden Fällen wurde eine formelle Beanstandung ausgesprochen (siehe Ziffern 12.5, 16.5 und 20.18). Auffällig ist dabei das hartnäckige Verhalten einer Stadt gewesen, trotz der seit Anfang 2002 bestehenden gesetzlichen Vorgabe noch Mitte 2004 keinen behördlichen Datenschutzbeauftragten bestellt zu haben. Im übrigen waren doch immer wieder unzulässige Vorratsspeicherungen und nicht erforderliche Datenübermittlungen festzustellen.
Zukünftige Schwerpunkte und Themenstellungen der Tätigkeit des Landesbeauftragten und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seiner Geschäftsstelle - neben Kontrollen, Eingaben insbesondere zu Fragen des Sozial- und Gesundheitsdatenschutzes und laufenden Beratungen etwa bei Forschungsvorhaben - werden auch die Fortsetzung von Beratungen des vergangenen Berichtszeitraums betreffen:
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die kritische Begleitung der Novellierung des Verfassungsschutzgesetzes des Landes (in diesem Zusammenhang ist auch das Gemeinsame Informations- und Auswertungszentrum von Polizei und Verfassungsschutz zum Islamistischen Terrorismus (GIAZ) zu sehen)
- Weitere kritische Begleitung der Vorhaben des Kontodatenabrufs, der geplanten Erweiterung der DNA-Analyse, der beabsichtigten Ausweitung der Zugriffsmöglichkeiten des Staates auf Telekommunikationsdaten
- Prüfung der Bearbeitung von Anträgen auf Arbeitslosengeld II
- Begleitung der eGovernment-Initiativen der Landesregierung
- Unterstützung von Initiativen für ein Landesinformationsfreiheitsgesetz
Im Jahr 2006 wird der Landesbeauftragte den Vorsitz der Konferenz der Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern übernehmen. Diese Zusammenarbeit ist für die Bearbeitung der oftmals ähnlichen Belange des Datenschutzes sehr sinn- und wirkungsvoll. Die Konferenz hat sich zuletzt am 1. Juni 2005 in einer Entschließung gegen die überstürzte Einführung biometrischer Pässe gewandt und ein umfassendes Datenschutz- und IT-Sicherheitskonzept gefordert.
Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten wird sich wohl oder übel auch zukünftig mit zusätzlichen Antiterror-Katalogen der Bundesregierung (gleich welcher politischen Richtung) befassen müssen.
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Landesbeauftragter für den Datenschutz Sachsen-Anhalt
Dr. Harald von Bose
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