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Erwägungsgründe

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 82 Absatz 1 Buchstabe d und Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe a,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)    Die Kommission hat am 6. November 2007 einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (im Folgenden „PNR-Daten“) zu Zwecken der Verhütung, Aufdeckung und Ermittlung angenommen. Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 wurde der Kommissionsvorschlag, dessen Annahme durch den Rat zu diesem Zeitpunkt noch ausstand, jedoch hinfällig.

(2)    Im „Stockholmer Programm — Ein offenes und sicheres Europa im Dienste und zum Schutz der Bürger“ wird die Kommission aufgefordert, einen Vorschlag über die Verwendung von PNR-Daten zur Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität vorzulegen.

(3)    Die Kommission hat in ihrer Mitteilung vom 21. September 2010 über das sektorübergreifende Konzept für die Übermittlung von Fluggastdatensätzen (PNR) an Drittländer eine Anzahl an Kernelementen erläutert, die eine Politik der Union in diesem Bereich beinhalten muss.

(4)    Die Richtlinie 2004/82/EG des Rates, regelt die Vorabübermittlung von Angaben über die beförderten Personen (im Folgenden „API-Daten“) durch die Fluggesellschaften an die zuständigen nationalen Behörden als Mittel zur Verbesserung der Grenzkontrollen und zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung.

(5)    Die Ziele dieser Richtlinie bestehen unter anderem darin, für Sicherheit zu sorgen, das Leben und die Sicherheit von Personen zu schützen und einen Rechtsrahmen für den Schutz von PNR-Daten in Bezug auf deren Verarbeitung durch die zuständigen Behörden zu schaffen.

(6)    Die effektive Verwendung von PNR-Daten, indem z. B. PNR-Daten mit verschiedenen Datenbanken betreffend Personen und Gegenstände abgeglichen werden, ist notwendig, um terroristische Straftaten und schwere Kriminalität zu verhüten, aufzudecken, zu ermitteln und zu verfolgen und damit einen Beitrag zur inneren Sicherheit zu leisten, um Beweismaterial zusammenzutragen und gegebenenfalls Komplizen von Straftätern aufzuspüren und kriminelle Netze auszuheben.

(7)    Anhand einer Überprüfung von PNR-Daten können Personen ermittelt werden, die vor einer solchen Überprüfung nicht im Verdacht standen, an terroristischen Straftaten oder schwerer Kriminalität beteiligt zu sein, und die von den zuständigen Behörden genauer überprüft werden sollten. Durch die Verwendung von PNR-Daten ist es möglich, die Bedrohung durch terroristische Straftaten und schwere Kriminalität anders anzugehen, als dies durch Verarbeitung anderer Kategorien personenbezogener Daten möglich wäre. Damit die Verarbeitung von PNR-Daten jedoch auf das Erforderliche beschränkt bleibt, sollten die Aufstellung und Anwendung von Prüfkriterien auf terroristische Straftaten und schwere Kriminalität, für die die Anwendung solcher Kriterien maßgeblich ist, beschränkt werden. Darüber hinaus sollten die Prüfkriterien so festgelegt werden, dass die Zahl unschuldiger Personen, die fälschlicherweise vom System identifiziert werden, auf ein Minimum beschränkt wird.

(8)    Die Fluggesellschaften erheben und verarbeiten bereits PNR-Daten ihrer Fluggäste für ihre eigenen geschäftlichen Zwecke. Durch diese Richtlinie sollten weder Fluggesellschaften dazu verpflichtet werden, weitere Fluggastdaten zu erheben oder vorzuhalten, noch sollte von den Fluggästen verlangt werden, dass sie neben den Daten, die die Fluggesellschaften bereits von ihnen erhalten, noch zusätzliche Daten bereitstellen.

(9)    Einige Fluggesellschaften halten API-Daten, die sie erheben, als Teil der PNR-Daten vor, während andere dies nicht tun. Die Verwendung von PNR-Daten zusammen mit API-Daten bietet einen Mehrwert, indem sie den Mitgliedstaaten die Feststellung der Identität einer Person erleichtert, mithin den Nutzen dieses Ergebnisses für die Verhütung, Aufdeckung und Ermittlung von Straftaten erhöht und die Gefahr minimiert, dass Überprüfungen und Ermittlungen zu unschuldigen Personen durchgeführt werden. Es muss daher sichergestellt werden, dass Fluggesellschaften, die API-Daten erheben, diese übermitteln, unabhängig davon, ob sie API-Daten auf andere technische Weise als PNR-Daten vorhalten.

(10)    Für die Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von Terrorismus und schwerer Kriminalität ist es außerordentlich wichtig, dass alle Mitgliedstaaten Vorschriften erlassen, mit denen Fluggesellschaften, die Drittstaatsflüge durchführen, dazu verpflichtet werden, von ihnen erhobene PNR-Daten, einschließlich API-Daten, zu übermitteln. Die Mitgliedstaaten sollten auch die Möglichkeit haben, diese Verpflichtung auf Fluggesellschaften auszudehnen, die EU-Flüge durchführen. Diese Bestimmungen sollten die Richtlinie 2004/82/EG des Rates unberührt lassen.

(11)    Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten sollte in einem angemessenen Verhältnis zu den mit dieser Richtlinie verfolgten bestimmten Sicherheitsinteressen stehen.

(12)    Die in dieser Richtlinie zugrunde gelegte Definition für „terroristische Straftaten“ sollte mit der Definition im Rahmenbeschluss 2002/475/JI des Rates identisch sein. Die Definition der schweren Kriminalität sollte die in Anhang II dieser Richtlinie genannten Kategorien von Straftaten umfassen.

(13)    Um Klarheit zu gewährleisten und die Kosten für die Fluggesellschaften gering zu halten, sollten die PNR-Daten an eine einzige, genau bezeichnete Stelle (im Folgenden „PNR-Zentralstelle“) des jeweiligen Mitgliedstaats übermittelt werden. Die PNR-Zentralstelle kann über verschiedene Zweigstellen in einem Mitgliedstaat verfügen, und Mitgliedstaaten können auch eine PNR-Zentralstelle gemeinsam einrichten. Die Mitgliedstaaten sollten die Informationen untereinander über maßgebliche Informationsaustauschnetze austauschen, um die Informationsweitergabe zu erleichtern und Interoperabilität zu gewährleisten.

(14)    Die Kosten für die Nutzung, die Speicherung und den Austausch der PNR-Daten sollten von den Mitgliedstaaten getragen werden.

(15)    Eine Liste mit den PNR-Daten, die für eine PNR-Zentralstelle bestimmt sind, sollte erstellt und inhaltlich so zusammengesetzt sein, dass sie sowohl den legitimen Bedürfnissen der Behörden im Zusammenhang mit der Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität gerecht werden und damit einen Beitrag zur inneren Sicherheit in der Union leisten als auch dem Grundrechtsschutz und insbesondere dem Schutz der Privatsphäre des Einzelnen und seiner personenbezogenen Daten Genüge tun. Zu diesem Zweck sollten hohe Standards zur Anwendung kommen, die mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“), dem Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (Übereinkommen Nr. 108) und der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) im Einklang stehen. Eine solche Liste sollte nicht auf der Rasse oder ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Meinungen, der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft, dem Gesundheitszustand, dem Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer Person beruhen. Die PNR-Daten sollten nur jene Details über den Buchungsvorgang und die Reiseroute von Fluggästen beinhalten, mit deren Hilfe die zuständigen Stellen diejenigen Fluggäste ermitteln können, die eine Bedrohung für die innere Sicherheit darstellen.

(16)    Es gibt es zwei Methoden der Datenübermittlung: die „Pull-Methode“, bei der die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, der die PNR-Daten benötigt, direkt auf das Buchungssystem der Fluggesellschaft zugreifen und eine Kopie der verlangten PNR-Daten extrahieren können, und die „Push-Methode“, bei der die Fluggesellschaften die verlangten PNR-Daten an die anfragende Behörde übermitteln und somit die Kontrolle über die Art der übermittelten Daten behalten. Die „Push-Methode“ gilt als die Methode, die ein höheres Datenschutzniveau bietet, und sollte daher für alle Fluggesellschaften verbindlich sein.

(17)    Die Kommission unterstützt die Richtlinien der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) für die Übermittlung von PNR-Daten. Diese Richtlinien sollten daher die Grundlage für die Annahme der unterstützten Datenformate für die Übermittlung von PNR-Daten durch die Fluggesellschaften an die Mitgliedstaaten sein. Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Anwendung der unterstützten Datenformate und die für die Datenübermittlung durch die Fluggesellschaften zu verwendenden maßgeblichen Protokolle sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates ausgeübt werden.

(18)    Die Mitgliedstaaten sollten die nötigen Vorkehrungen treffen, damit die Fluggesellschaften ihren Verpflichtungen gemäß dieser Richtlinie nachkommen können. Für den Fall, dass Fluggesellschaften ihren Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Übermittlung von PNR-Daten nicht nachkommen, sollten die Mitgliedstaaten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen einschließlich Geldbußen vorsehen.

(19)    Jeder Mitgliedstaat sollte eine Einschätzung der potenziellen Bedrohung durch terroristische Straftaten und schwere Kriminalität vornehmen.

(20)    Um das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten und auf Nichtdiskriminierung umfassend zu wahren, sollten Entscheidungen, aus denen sich für die betreffende Person eine nachteilige Rechtsfolge oder ein sonstiger schwerwiegender Nachteil ergeben könnten, nicht allein aufgrund der automatisierten Verarbeitung von PNR- Daten getroffen werden dürfen. Ebenso wenig sollten solche Entscheidungen — in Anbetracht der Artikel 8 und 21 der Charta — eine Diskriminierung aus Gründen wie dem Geschlecht, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, den genetischen Merkmalen, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, dem Vermögen, der Geburt, einer Behinderung, dem Alter oder der sexuellen Orientierung einer Person darstellen. Wenn die Kommission die Anwendung dieser Richtlinie überprüft, sollte sie auch diese Grundsätze berücksichtigen.

(21)    Das Ergebnis der Verarbeitung von PNR-Daten sollte unter keinen Umständen von den Mitgliedstaaten als Mittel zur Umgehung ihrer internationalen Verpflichtungen aus dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge in der Fassung des Protokolls vom 31. Januar 1967 benutzt werden, noch sollte es zur Verweigerung sicherer und effektiver rechtmäßiger Wege in das Gebiet der Union gegenüber Asylsuchenden benutzt werden, damit diese dort von ihrem Recht auf internationalen Schutz Gebrauch machen können.

(22)    Unter uneingeschränkter Berücksichtigung der in der jüngeren maßgeblichen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union dargelegten Grundsätze sollte bei der Anwendung dieser Richtlinie sichergestellt werden, dass die Grundrechte, das Recht auf Privatsphäre und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in vollem Umfang geachtet werden. Sie sollte auch wirklich den Zielen dessen, was erforderlich und verhältnismäßig ist, um die von der Union anerkannten allgemeinen Interessen zu wahren, und der Notwendigkeit entsprechen, die Rechte und Freiheiten anderer bei der Bekämpfung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität zu schützen. Die Anwendung dieser Richtlinie sollte ordnungsgemäß gerechtfertigt und die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, um die Rechtmäßigkeit einer etwaigen Speicherung, Auswertung, Übermittlung oder Verwendung von PNR-Daten sicherzustellen.

(23)    Die Mitgliedstaaten sollten die erhaltenen PNR-Daten untereinander und mit Europol austauschen, wenn dies zur Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität für erforderlich erachtet wird. Die PNR-Zentralstellen sollten gegebenenfalls das Ergebnis der Verarbeitung der PNR- Daten umgehend an die PNR-Zentralstellen anderer Mitgliedstaaten zur weiteren Untersuchung übermitteln. Die Bestimmungen dieser Richtlinie sollten andere Rechtsakte der Union über den Austausch von Informationen zwischen Polizei und anderen Strafverfolgungsbehörden und Justizbehörden, einschließlich des Beschlusses 2009/371/JI des Rates und des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI des Rates, unberührt lassen. Der Austausch von PNR-Daten sollte nach den Vorschriften über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit erfolgen und das von der Charta, dem Übereinkommen Nr. 108 und der EMRK geforderte hohe Niveau beim Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten nicht beeinträchtigen.

(24)    Ein sicherer Informationsaustausch hinsichtlich PNR-Daten zwischen den Mitgliedstaaten sollte über die bestehenden Kanäle für die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sowie insbesondere mit Europol durch Europols Netzanwendung für sicheren Datenaustausch (SIENA) sichergestellt werden.

(25)    Der Zeitraum, für den die PNR-Daten vorgehalten werden sollen, sollte so lang sein, wie dies für den mit ihnen verfolgten Zweck der Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von terroristischen Straftaten sowie schwerer Kriminalität erforderlich ist und in einem angemessenen Verhältnis dazu stehen. Das Wesen der PNR- Daten und ihr Verwendungszweck bringen es mit sich, dass diese so lange gespeichert werden müssen wie nötig, um sie auswerten und für Ermittlungen nutzen zu können. Um einen unverhältnismäßigen Rückgriff auf die Daten auszuschließen, sollten die PNR-Daten nach der anfänglichen Speicherfrist durch Unkenntlichmachung von Datenelementen depersonalisiert werden. Um das höchste Datenschutzniveau zu gewährleisten, sollte Zugriff auf die vollständigen PNR-Daten, die die unmittelbare Identifizierung der betroffenen Person ermöglichen, nach dieser anfänglichen Frist nur unter eingeschränkten, sehr strengen Bedingungen gewährt werden.

(26)    Wurden bestimmte PNR-Daten zur Verwendung für konkrete Ermittlungs- und Strafverfolgungszwecke an eine zuständige Behörde übermittelt, so sollte sich die Frist für die Speicherung der Daten durch diese Behörde ungeachtet der in dieser Richtlinie genannten Speicherfristen für Daten nach nationalem Recht richten.

(27)    Für die Verarbeitung der PNR-Daten durch die PNR-Zentralstelle und die zuständigen Behörden der einzelnen Mitgliedstaaten sollte nationales Recht ein Datenschutzniveau im Einklang mit dem Rahmenbeschluss 2008/977/JI des Rates und den in dieser Richtlinie festgelegten bestimmten Anforderungen an den Datenschutz vorsehen. Bezugnahmen auf den Rahmenbeschluss 2008/977/JI sollten als Bezugnahmen auf derzeit geltende Rechtsvorschriften sowie auf Rechtsvorschriften, die an ihre Stelle treten werden, verstanden werden.

(28)    Unter Berücksichtigung des Anspruchs auf Schutz der personenbezogenen Daten müssen die Rechte der betroffenen Personen in Bezug auf die Verarbeitung ihrer PNR-Daten, insbesondere das Recht auf Zugang, Berichtigung, Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung und das Recht auf Schadenersatz und Rechtsbehelfe, mit dem Rahmenbeschluss 2008/977/JI und mit dem hohen Schutzniveau, das durch die Charta und die EMRK vorgesehen ist, im Einklang stehen.

(29)    Soweit es um das Recht von Fluggästen auf Information über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten geht, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Fluggäste über die Erhebung der PNR-Daten, deren Übermittlung an die PNR-Zentralstelle und über ihre Rechte als betroffene Personen korrekt und auf leicht zugängliche und verständliche Weise informiert werden.

(30)    Diese Richtlinie berührt nicht das Unions- und nationale Recht zum Grundsatz des Zugangs der Öffentlichkeit zu amtlichen Dokumenten.

(31)    Die Übermittlung von PNR-Daten durch die Mitgliedstaaten an Drittstaaten sollte nur im Einzelfall und unter voller Einhaltung der von den Mitgliedstaaten in Anwendung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI festgelegten Bestimmungen gestattet sein. Im Interesse des Datenschutzes sollten bei solchen Übermittlungen an Drittstaaten weitere Anforderungen an den Zweck der Übermittlung gestellt werden. Für diese Übermittlungen sollten auch die Grundsätze der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit sowie das hohe Schutzniveau, das durch die Charta und die EMRK vorgesehen sind, gelten.

(32)    Die im Zuge der Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI eingerichtete nationale Kontrollstelle sollte auch in Bezug auf die Anwendung der von den Mitgliedstaaten aufgrund dieser Richtlinie erlassenen Bestimmungen eine Beratungs- und Kontrollfunktion ausüben.

(33)    Die vorliegende Richtlinie hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, nach ihrem jeweiligen nationalen Recht eine Regelung zur Erhebung und Verarbeitung von PNR-Daten durch Wirtschaftsteilnehmer, die keine Beförderungsunternehmen sind, wie etwa Reisebüros oder Reiseveranstalter, die Dienstleistungen im Zusammenhang mit Reisen — einschließlich Flugbuchungen — erbringen, für die sie PNR-Daten erheben und verarbeiten, oder durch andere als in dieser Richtlinie angegebene Beförderungsunternehmen vorzusehen, sofern dieses nationale Recht mit dem Unionsrecht in Einklang steht.

(34)    Diese Richtlinie lässt gegenwärtige Regelungen der Union hinsichtlich der Durchführung von Grenzkontrollen und Regelungen der Union hinsichtlich der Einreise in das Gebiet der Union und der Ausreise aus dem Gebiet der Union unberührt.

(35)    Aufgrund der sowohl in rechtlicher als auch in technischer Hinsicht unterschiedlichen nationalen Bestimmungen zur geregelten Verarbeitung von personenbezogenen Daten, und damit auch von PNR-Daten, sind die Fluggesellschaften jetzt und auch künftig mit unterschiedlichen Vorschriften in Bezug auf die Art der zu übermittelnden Informationen und in Bezug auf die Voraussetzungen für die Übermittlung dieser Informationen an die zuständigen  einzelstaatlichen  Behörden  konfrontiert.  Diese  Unterschiede  können  einer  wirksamen Zusammenarbeit zwischen den zuständigen nationalen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität abträglich sein. Daher ist es notwendig, auf Unionsebene einen gemeinsamen Rechtsrahmen für die Übermittlung und Verarbeitung von PNR- Daten zu schaffen.

(36)    Die vorliegende Richtlinie wahrt die Grundrechte und Grundsätze der Charta, insbesondere das in den Artikeln 8, 7 und 21 verankerte Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten, das Recht auf Achtung der Privatsphäre und das Recht auf Nichtdiskriminierung; sie ist deshalb entsprechend umzusetzen. Diese Richtlinie ist mit den Datenschutzgrundsätzen vereinbar, und ihre Bestimmungen stehen im Einklang mit dem Rahmenbeschluss 2008/977/JI. Um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen, sieht diese Richtlinie zudem in Bezug auf bestimmte Aspekte Datenschutzbestimmungen vor, die strenger sind als die des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI.

(37)    Der Anwendungsbereich der Richtlinie wurde möglichst eng gefasst, denn: Sie beschränkt die Speicherfrist für die PNR-Daten bei den PNR-Zentralstellen auf maximal fünf Jahre, nach deren Ablauf die Daten gelöscht werden sollten; sie sieht vor, dass die Daten nach einer ersten Frist von sechs Monaten durch Unkenntlichmachung von Datenelementen depersonalisiert werden, und sie untersagt die Erhebung und Verwendung von sensiblen Daten. Um einen wirksamen und weitreichenden Datenschutz zu gewährleisten, haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass eine unabhängige nationale Kontrollstelle und insbesondere ein Datenschutzbeauftragter eine Beratungs- und Kontrollfunktion in Bezug auf die Art und Weise der Verarbeitung der PNR-Daten ausübt. Jede Verarbeitung von PNR-Daten sollte zum Zwecke der Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit, zur Selbstkontrolle sowie zur Gewährleistung der Unversehrtheit der Daten und der Sicherheit der Datenverarbeitung protokolliert oder dokumentiert werden. Des Weiteren sollten die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass die Fluggäste klar und präzise über die Erhebung von PNR-Daten und ihre Rechte informiert werden.

(38)    Da die Ziele dieser Richtlinie — nämlich die Übermittlung von PNR-Daten durch Fluggesellschaften und deren Verarbeitung zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität — von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können sondern vielmehr auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(39)    Nach Artikel 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts haben diese Mitgliedstaaten mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Richtlinie beteiligen möchten.

(40)    Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Richtlinie und ist weder durch diese Richtlinie gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet

(41)    Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 28 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates angehört und hat am 25. März 2011 eine Stellungnahme abgegeben —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

 

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