Entschließung der 47. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder am 9./10. März 1994 in Brandenburg
Ausländerzentralregistergesetz
Das Ausländerzentralregister beim Bundesverwaltungsamt in Köln existiert seit 40 Jahren ohne gesetzliche Grundlage. Derzeit stehen den verschiedenen Benutzern des Registers Daten zu mindestens 8 Millionen Ausländern, die sich in der Bundesrepublik aufhalten oder aufgehalten haben, zur Verfügung. Gespeichert sind neben Daten zur Identifizierung und weiteren Beschreibung der Person insbesondere Angaben zum Meldestatus, Aufenthaltsrecht und Asylverfahren.
Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben immer wieder darauf hingewiesen, daß die Führung eines derartigen Registers ohne gesetzliche Regelung mit dem vom Grundgesetz Deutschen wie Ausländern gleichermaßen garantierten Recht auf informationelle Selbstbestimmung unvereinbar ist. Sie begrüßen daher, daß mit dem am 02. März 1994 vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf für ein Ausländerzentralregistergesetz eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden soll.
Zwar enthält dieser Gesetzentwurf gegenüber früheren Entwürfen eine Reihe datenschutzrechtlicher Verbesserungen, Bedenken bestehen jedoch weiterhin: Die Datenschutzbeauftragten wenden sich insbesondere dagegen, daß das Ausländerzentralregister nicht nur als Informations- und Kommunikationssystem für die mit der Durchführung ausländer- und asylrechtlicher Vorschriften betrauten Behörden dienen, sondern darüber hinaus als Informationsverbund für Aufgaben der Polizei, Strafverfolgungsorgane und Nachrichtendienste zur Verfügung stehen soll.
Die Funktionserweiterung wird deutlich durch die Speicherung von Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden zu Ausländern in das Register. So soll der INPOL-Fahndungsbestand des BKA, soweit er Ausschreibungen zur Festnahme und zur Aufenthaltsermittlung von Ausländern enthält, in das Ausländerzentralregister übernommen werden. Gleiches gilt für die vorgesehene Speicherung von Angaben zu Personen, bei denen Anhaltspunkte für den Verdacht bestehten, daß sie im einzelnen bezeichnete Straftaten planen, begehen oder begangen haben. Diese Informationen dienen nicht einem Informationsbedarf zur Erfüllung ausländerbehördlicher Aufgaben, sondern - worauf die Entwurfsbegründung hinweist - der Kriminalitätsbekämpfung. Für diese Zwecke stehen den Sicherheitsbehörden aber eigene Informationssysteme zur Verfügung. Nach Auffassung der Datenschutzbeauftragten dürfen deshalb derartige Erkenntnisse nicht in das Register aufgenommen werden.
Die im Entwurf vorgesehenen Voraussetzungen, unter denen u.a. für Polizeibehörden, Staatsanwaltschaften und Nachrichtendienste automatisierte Abrufverfahren eingerichtet werden können, stellen keine wirksamen Vorkehrungen für eine Begrenzung der Abrufe dar. Besonders problematisch ist der geplante automatisierte Zugriff durch die Nachrichtendienste auf einen - wenn auch reduzierten - Datensatz. Für die Dienste ist in den jeweiligen bereichsspezifischen Gesetzen der automatisierte Abruf aus anderen Datenbeständen ausgeschlossen. Die Erforderlichkeit derartiger Abrufe ist in keiner Weise belegt. Die Datenschutzbeauftragten sprechen sich deshalb dafür aus, zumindest auf den automatisierten Abruf durch Nachrichtendienste zu verzichten.