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Entschließung der 47. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder am 9./10. März 1994 in Brandenburg

Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation (Postneuordnungsgesetz - PTNeuOG, BR-Drs. 115/94 = BT-Drs. 12/6718) und zu der dafür erforderlichen Änderung des Grundgesetzes (BR-Drs. 114/94 = BT-Drs. 12/6717)

I.

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder weisen darauf hin, daß mit der Umwandlung der Deutschen Bundespost POSTDIENST in die Deutsche Post AG und der Deutschen Bundespost TELEKOM in die Deutsche Telekom AG zwei staatliche Einrichtungen aufhören zu existieren, gegenüber denen sich der Bürger bisher unmittelbar auf das Post- und Fernmeldegeheimnis berufen kann. Sie treten deshalb dafür ein, in der Verfassung sicherzustellen, daß jeder, der Post- und Fernmeldedienstleistungen erbringt, das Post- und Fernmeldegeheimnis zu wahren hat.

II.

Im Gesetz zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation ist ein den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in seinem Volkszählungsurteil vom 15. Dezember 1983 und in seinem Fangschaltungsbeschluß vom 25. März 1992 entsprechender Schutz von Individualrechten zu gewährleisten.

Die Datenschutzbeauftragten halten insbesondere folgende Änderungen des Gesetzentwurfs für erforderlich:

a) Der Umfang der zulässigen Verarbeitung personenbezogener Daten im Post- und Telekommunikationswesen ist im Gesetz selbst festzulegen; lediglich deren konkrete Ausgestaltung kann der Regelung durch Rechtsverordnungen überlassen bleiben.

b) Die Gewährleistung des Datenschutzes und des Post- und Fernmeldegeheimnisses muß in den Katalog der Ziele der Regulierung aufgenommen werden.

c) Das Post- und Telekommunikationswesen muß auf Dauer - auch nach dem Wegfall der Monopole - einer effektiven, unabhängigen datenschutzrechtlichen Kontrolle von Amts wegen nach bundesweit einheitlichen Kriterien unterworfen bleiben, auch soweit personenbezogene Daten nicht in Dateien verarbeitet werden.

d) Die Frist für die Speicherung von Verbindungsdaten zur Ermittlung und zum Nachweis der Entgelte ist präzise festzulegen.

e) Die vorgesehene Vorschrift zum Einzelentgeltnachweis schränkt den Kreis der Einrichtungen, die Telefonberatung durchführen und die nicht auf Einzelentgeltnachweisen erscheinen sollen, in unakzeptabler Weise ein. Dem Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechtes und des Fernmeldegeheimnisses der Angerufenen würde es dagegen am ehesten entsprechen, wenn jeder inländische Anschlußinhaber selbst entscheiden kann, ob und gegebenenfalls wie seine Rufnummer auf Einzelentgeltnachweisen erscheinen soll. Damit wäre auch die Anonymität von Anrufen bei Beratungseinrichtungen unbürokratisch sicherzustellen. Ein entsprechendes Verfahren wird in den Niederlanden bereits praktiziert.

f) Es wäre völlig unangemessen, wenn in Zukunft erlaubt würde, daß die Telekommunikationsunternehmen Nachrichteninhalte über die Befugnisse des § 14 a Fernmeldeanlagengesetz hinaus auch für die Unterbindung von Leistungserschleichungen und sonstiger rechtswidriger Inanspruchnahme des Telekommunikationsnetzes und seiner Einrichtungen sowie von Telekommunikations- und Informationsdienstleistungen erheben, verarbeiten und nutzen dürften.

III.

Die Datenschutzbeauftragten betonen, daß angesichts der neuen technischen Möglichkeiten digitaler Kommunikations- und Informationsdienste und der mit ihrer Nutzung zwangsläufig verbundenen Datenverarbeitung eine grundlegende Überarbeitung des § 12 Fernmeldeanlagengesetz, der die Weitergabe vorhandener Telekommunikationsdaten in Strafverfahren erlaubt, überfällig ist. Sie erinnern an die Umsetzung der entsprechenden Entschließung des Bundesrates vom 27. August 1991 (BR-Drs. 416/91).