Landesbeauftragter für den Datenschutz Sachsen-Anhalt
Dr. Harald von Bose
Pressemitteilung
vom 4. Dezember 2009
Brieföffnung im Kultusministerium war unzulässig
Der Landesbeauftragte hat die Öffnung eines zur Versendung vorgesehenen Briefes des Landeselternrates (LER) durch das Referat 21 des Kultusministeriums geprüft. Die Voraussetzungen des § 9 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger (DSG-LSA) i.V.m. § 84a Abs. 2 Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (SchulG LSA) als mögliche Rechtsgrundlage der Kenntnisnahme personenbezogener Daten sind auch unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des Kultusministeriums nicht erfüllt.
Der Vorsitzende des LER hat Strafanzeige erstattet. Die strafrechtliche Bewertung obliegt den Justizbehörden. Eine dortige abschließende Wertung liegt noch nicht vor, so dass sie nicht in die rein datenschutzrechtliche Bewertung einfließen konnte.
Die Mitarbeiterin des Kultusministeriums befand sich in der haushaltsrechtlichen Verantwortung, die Versendung von 52 Briefen als Einschreiben nicht ohne nähere Prüfung der Notwendigkeit nach § 81 Abs. 2 SchulG LSA zu genehmigen. Hierin bestand der inhaltliche Schwerpunkt der Aufgabenwahrnehmung.
Es lagen nach dem ermittelten Sachverhalt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass seitens des Referates "in Vertretung" der Geschäftsstelle des LER gehandelt wurde. In subjektiver Hinsicht mag zwar der Wille gegeben gewesen sein, im Interesse des LER zu handeln. Es war nicht auszuschließen, dass die Mitarbeiterin von einer Vertretungssituation ausging. Die Zulässigkeit der Datenerhebung beurteilt sich dennoch gemäß § 9 DSG-LSA nach der Erforderlichkeit der konkreten Maßnahme für die Erfüllung der haushaltsrechtlichen Aufgaben.
Es bestand hinsichtlich der haushaltsrechtlichen Prüfung zunächst Eilbedarf, da die Prüfung nicht den Geschäftsablauf des LER beeinträchtigen sollte.
Die Auswahl der Mittel entsprach jedoch nicht dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Brieföffnung erscheint hier nicht als das mildeste mögliche Mittel zur kurzfristigen Klärung der Haushaltsverträglichkeit.
Als Alternativen zur Erfragung einmal des zur Verfügung stehenden Zeitrahmens und auch zur Klärung der materiellen Notwendigkeit wären Kontaktaufnahmen zur Leiterin der Geschäftsstelle des LER und zum Vorsitzenden, ggf. auch zu einem weiteren Mitglied des Vorstands, in Betracht gekommen.
Die Erhebung betraf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Schon aus der Kuvertierung ergibt sich ein Geheimhaltungsbedarf. Der Brief hätte sensible personenbezogene Informationen aus dem Aufgabenfeld des unabhängigen LER enthalten können.
Der Anruf bei der krankheitsbedingt abwesenden Leiterin der Geschäftsstelle war demgegenüber lediglich "unüblich". Wie sich aber durch den Anruf noch am selben Tag zeigte, war er wohl letztlich durchaus möglich. Zudem bestand durch den Anruf zugleich die Möglichkeit, die Eilbedürftigkeit und die eigentlich wesentlichen inhaltlichen Fragen der Notwendigkeit der Versendungsart zu klären. Daher erscheint der Anruf auch angesichts der Fürsorgeverpflichtung des Kultusministeriums gegenüber erkrankten Beschäftigten als das insgesamt mildere Vorgehen.
Vor allem bestand die Möglichkeit des Versuchs, den Vorsitzenden des LER telefonisch zu erreichen, um auch hier sowohl den Eilbedarf als auch die inhaltliche Notwendigkeit abzuklären.
Die datenschutzrechtlichen Bedenken entsprechen im Ergebnis auch der Bewertung des Kultusministeriums gegenüber dem LER, dass das Vorgehen nicht korrekt war. Der Landesbeauftragte: "Das sehe ich genauso, so etwas darf nicht passieren."
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Landesbeauftragter für den Datenschutz Sachsen-Anhalt
Dr. Harald von Bose
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