Landesbeauftragter für den Datenschutz Sachsen-Anhalt
Dr. Harald von Bose
Pressemitteilung
vom 26. Oktober 2007
74. Tagung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder
Privatsphäre nicht noch weiter einschränken!
(Saalfeld / Magdeburg) Vom 25. bis 26.10.2007 fand unter Vorsitz des Landesbeauftragten für den Datenschutz Thüringen in Saalfeld die 74. Tagung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder statt. Schwerpunkte waren u. a., wie bei der Herbsttagung der Konferenz im vergangenen Jahr in Sachsen-Anhalt, die Bestrebungen der Sicherheitsbehörden zur fortschreitenden Einschränkung der Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger.
Diskutiert und einmütig abgelehnt wurde durch die Konferenz die sogenannte heimliche Online-Durchsuchung von privaten Computern zur Kriminalitätsbekämpfung. Einerseits ist es mit dem Recht auf den Schutz des Kernbereiches privater Lebensführung nicht vereinbar, wenn Sicherheitsbeamte intime Daten zur Kenntnis bekommen. Andererseits steht die gerichtsfeste Verwertbarkeit von durch die Online-Durchsuchung gewonnenen Beweismaterials weiterhin in Frage, da durchsuchte Computer durch die eingeschleuste Software verändert werden.
Weiteres Thema der Tagung waren Zuverlässigkeitsüberprüfungen. Die anlässlich der Fußball-WM 2006 massenhaft durchgeführten Zuverlässigkeitsüberprüfungen selbst von Busfahrern und Wurstverkäufern sollen, so die Sicherheitsbehörden, zukünftig beliebigen weiteren Veranstaltungen als Vorbild dienen. Diese Überprüfungen unter Nutzung der Daten von Polizei und Verfassungsschutz erfolgen, wie bei der Fußball-WM, weiterhin ohne jede gesetzliche Grundlage. Von einer freiwillig erteilten Einwilligung der Betroffenen könne, so Dr. von Bose, nicht die Rede sein, wenn sie im Fall der Nichteinwilligung möglicherweise ihren Job riskierten. Die Konferenz fasste auch hierzu eine Entschließung.
Wie bei den vorangegangenen Tagungen hatte sich die Konferenz auch diesmal mit der Schülerstatistik und der Schüler-Identifikationsnummer (Schüler-ID) zu befassen. Nach wie vor gibt es, so stellte die Konferenz fest, erheblichen Diskussionsbedarf mit der Kultusministerkonferenz. Diese beabsichtigt weiterhin, die ca. 12 Millionen deutschen Schülerinnen und Schüler mit einer Schüler-ID zu katalogisieren und unzählige teils sensible Daten über sie zu Zwecken der Statistik und der Bildungsverlaufsforschung in zentralen Datenbanken zu speichern.
Die Konferenz behandelte die vom Bundesgesetzgeber veranlasste Abschaffung der örtlichen Fahrerlaubnisregister zum 31.12.2006. Die Daten von ca. 50 Millionen Fahrerlaubnisinhabern werden zukünftig nur noch im Zentralen Fahrerlaubnisregister beim Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg gespeichert. Viele Fahrerlaubnisbehörden löschten nach der Datenübergabe ihre örtlichen Register. Die Konferenz wies auf das von den Verantwortlichen bisher nicht ausreichend wahrgenommene Problem hin, dass das Verfahren Defizite in der Datensicherheit hat. Diese gefährden die Rechtsverbindlichkeit der Daten und vor allem die erforderliche Beweissicherheit.
In der Privatwirtschaft ist ein engmaschiges Netz von Auskunftssystemen und Zentraldateien entstanden, mit dem durch Profilbildung das Verhalten eines jeden Menschen ohne dessen Wissen und Wollen abgebildet und bewertet werden kann. Vor allem durch Auskunfteien und insbesondere beim Kreditscoring, das die Kreditwürdigkeit eines Menschen prognostiziert, wird es angewandt. Die Konferenz begrüßt, dass das Bundesministerium des Innern endlich damit begonnen hat, die gesetzlichen Regelungen zu den Auskunfteien und zum Scoring zu überarbeiten. Allerdings stellt sie in einer Entschließung auch fest, dass die vorgesehenen Regelungen gerade dem sich ständig weiterentwickelnden Auskunfteimarkt und den dadurch hervorgerufenen Bedrohungen für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht hinreichend Rechnung tragen. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder fordert den Gesetzgeber auf, die Situation der Verbraucherinnen und Verbraucher deutlich zu verbessern und mit dem Gesetzesvorhaben einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen der Wirtschaft und der Betroffenen zu schaffen. Die Konferenz hält es für dringend erforderlich, die Auskunfteitätigkeit auf kreditorische Risiken zu begrenzen und eine Ausweitung auf Versicherungen oder gar das Berufsleben zu verhindern.
In einer weiteren Entschließung positionierte sich die Konferenz zur seit Juli 2007 für alle Bürgerinnen und Bürger vergebenen Steuer-Identifikationsnummer (Steuer-ID) und deren Speicherung in einer Datenbank beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Diese Datenbank soll neben Namen und Anschriften aller Steuerpflichtigen der Bundesrepublik auch die Religionszugehörigkeiten und ihre Steuerklassen enthalten. Die Konferenz befürchtet, dass wegen der ca. 4 Millionen abrufberechtigten Arbeitgeber eine rechtswidrige Informationsbeschaffung in einer Vielzahl von Fällen nicht wirksam verhindert werden kann. Zu allem Überfluss stellt die Konferenz Bestrebungen fest, die Steuer-ID auch für andere, also steuerfremde Anwendungen zu nutzen. Die Weiterentwicklung der Steuer-ID hin zu einem Personenkennzeichen erreichte damit ein neues Stadium, sie wäre dann auch für Sozialleistungsträger und die Strafverfolgungsbehörden interessant.
Dr. von Bose kritisch dazu: Das BZSt verfügt zukünftig über einen einzigartigen Datenpool aller Bürger, der wesentliche Meldedaten, Bankkontenstammdaten und Steuerdaten zentral verknüpfen kann.
Schließlich stimmte die Konferenz einer Orientierungshilfe zur datenschutzgerechten Nutzung von E-Mail und anderen Internetdiensten am Arbeitsplatz zu.
Dr. von Bose die Konferenz zusammenfassend: Eine von intensiver Diskussion geprägte Veranstaltung, die erneut die Wächteraufgabe der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder betonte.
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