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Landesbeauftragter für den Datenschutz
Sachsen-Anhalt

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Pressemitteilung vom 19. Dezember 2003

Kapitulation vor den USA - EU-Bürger auf Flugreisen nach und über Amerika transparent und schutzlos

Gegen den erbitterten Widerstand des europäischen Parlamentes und ohne Berücksichtigung der Bedenken der in der sog. Artikel 29-Gruppe in Brüssel versammelten europäischen Datenschutzexperten werden Millionen von europäischen Bürgerinnen und Bürger von US-Behörden willkürlich "durchleuchtet" und für Jahre mit ihren Daten gespeichert - egal ob als Tourist oder als Geschäftsmann.
Der für diesen skandalösen Zustand verantwortliche EU-Kommissar Bolkestein hat sich kommentarlos dem amerikanischen Druck ergeben und missachtet lieber europäisches Recht, als die Freiheits- und Persönlichkeitsrechte von Millionen europäischer Flugreisenden konsequent zu verteidigen. Mit einer kleinen Pressemitteilung wird nunmehr auch den Deutschen mitgeteilt, es sei schließlich ihre freie Entscheidung, ob sie sich der amerikanischen Datenfalle aussetzen wollen oder nicht. Aber ist das wirklich eine freie Willensentscheidung, wenn Geschäftsleute in den USA Verträge abschließen müssen, wenn ein todkranker Angehöriger in San Francisco besucht werden soll oder oft nur unwissend eine Flugreise gebucht wird, die amerikanischen Luftraum berührt oder dort auch nur zum Umsteigen zwingt?
Der Druck aus Amerika ist die eine Seite, das Einknicken des verantwortlichen Kommissars in Brüssel unter Aufgabe elementarer europäischer Bürgerrechte eine andere Sache.

Wohl gemerkt:
Es geht nicht darum, den US-Behörden die notwendigen Angaben über Passagiere zu verweigern, die Amerika anfliegen. Das sind aber nicht mehr als zehn Daten pro Person, die eine kurze Zeit (Tage) von Bedeutung sind. Kommissar Bolkestein erlaubt jetzt den Amerikanern, den praktisch unkontrollierbaren Einblick in die Computerdateien der Fluggesellschaften, denn die nun zugestandenen 34 Einzeldaten und deren Speicherung für 42 Monate sind gar nicht abgrenzbar. Noch schlimmer:
Das derzeitige Zuständigkeitschaos der amerikanischen Behörden (alleine die Anfang diesen Jahres aus 22 Einzelbehörden neu gebildete Heimatschutzbehörde soll zwischen 140.000 und 180.000 Mitarbeiter erhalten) ermöglicht praktisch jedem forsch auftretenden US-Officer den Zugriff auf alle in den Computerdateien der Fluggesellschaften enthaltenen Daten und damit eine tiefgreifende Durchleuchtung der Einzelpersönlichkeit. Denn alleine die Fluggesellschaften können je Passagier bis zu über 1.000 Einzeldaten speichern, und jede dieser Daten kann dann für die Amerikaner Ansatzpunkt für weitergehende Persönlichkeitsrecherchen werden.
Jeder deutsche Flugreisende, dessen Ziel auch nur in die Nähe Amerikas führt, sollte sich also besser zweimal überlegen, was er der Fluggesellschaft, seinem Reisebüro oder bei einer Selbstbuchung an persönlichen Informationen zur Verfügung stellt oder schon bei der Reservierung gestellt hat und was er bisher an Kommunikation im offenen Internetverkehr geführt hat (insbesondere E-Mail-Versendung), denn - wie heißt es so hübsch in den amerikanischen Filmen: Alles kann gegen Sie verwendet werden! Und in Amerika gibt es bisher keinen vergleichbaren Datenschutz, der helfen kann. 

Klaus-Rainer Kalk